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Teilzeitarbeit in Gesundheit und Pflege

IAT untersuchte Mobilisierung von Arbeitszeitreserven

Westfälische Hochschule am 8. April 2016

Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten in der Gesundheits- und Krankenpflege arbeitet in Teilzeit oder geringfügiger Beschäftigung. Wäre die Aufstockung von Teilzeitstellen eine Möglichkeit den Fachkräftemangel in der Pflege abzufedern? In einer aktuellen Studie hat das Institut Arbeit und Technik (IAT / Westfälische Hochschule) untersucht, ob und welche Arbeitskraftreserven im Pflegebereich mobilisiert werden könnten.

Anhand von Daten des Lohn-Spiegels des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung analysierten die IAT-Forscher/innen Denise Becka, Michaela Evans und Fikret Öz persönliche Interessen und Motivationen von Pflegekräften, ihre Präferenzen zu Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten sowie Gründe für die Ausübung von Teilzeitarbeit im Branchen- und Berufsvergleich. Mit Blick auf die Frage nach der Zufriedenheit mit den vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten zeigte sich etwa ein Viertel der befragten Pflegekräfte an einer Aufstockung der Wochenstunden interessiert. Somit scheint ein Potenzial zur Ausweitung der Beschäftigung in der Pflege zwar vorhanden, wird von den Befragten aber wenig favorisiert: „Im Vergleich mit anderen Berufen und Branchen gibt es strukturelle Ungleichheiten und Belastungen in den Pflegeberufen, die den Wunsch nach Teilzeitarbeit prägen“, stellt die Studie fest.

Hierzu gehören hohe Teilzeitanteile in den Helferberufen, die den geringer qualifizierten und entsprechend niedriger entlohnten Helferbereich in der Pflege zusätzlichen Prekarisierungsrisiken aussetzen. Auch die Kopplung von Teilzeitarbeit mit befristeten Arbeitsverträgen birgt Risiken. Das Überstundenvolumen ist im Vergleich zu anderen Berufen und Branchen überdurchschnittlich hoch und wird mit unterschiedlichen Modellen vergütet, über die z.T. eine „verdeckte“ Aufstockung von Arbeitszeiten generiert wird.

Das Ziel, Arbeitskraftreserven zu mobilisieren, hängt maßgeblich auch davon ab, ob es gelingt Arbeitsbedingungen zu schaffen, die einerseits den vorzeitigen Rückzug in die Teilzeitarbeit verhindern. „Damit die Aufstockung von Teilzeitstellen sowohl für Arbeitgeber als auch für die Beschäftigten im Pflegebereich interessant wird, müssen andererseits die im Branchenvergleich charakteristischen und strukturell angelegten Prekarisierungsrisiken verringert werden“, stellen die IAT-Forscher/innen fest. Dem sollte in der aktuellen Debatte um die Aufwertung von Pflegearbeit stärker Rechnung getragen werden. Als handlungspraktische Bezüge für Einrichtungen sollten neue Gestaltungsoptionen stärker in die Diskussion eingebracht und erprobt werden, die z.B. einen flexibleren Personaleinsatz mit neuen Versorgungslösungen verknüpfen. Hier könnten neue Arbeitsbereiche mit einem breiteren Einsatzfeld und reduzierten Arbeitsbelastungen z.B. im Sinne von Job-Rotationsmodellen entstehen, schlagen die Wissenschaftler/innen vor.

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