Wir können Gesundheit

OASIS zieht Zwischenbilanz

Pilotprojekt erreicht vor allem Computerspielabhängige

LWL-Universitätsklinikum Bochum am 27. Juni 2017

Am „Landesgemeinschaftsstand NRW – Gesundheitswirtschaft. Telematik. Telemedizin.“ auf der Medica 2016 in Düsseldorf (v.l.): Diplom-Psychologe Martin Bielefeld und Diplom-Psychologin Laura Bottel von OASIS sowie PD Dr. Bert te Wildt, Leiter der Medienambulanz im LWL-Universitätsklinikum Bochum. (Bildquelle: ZTG/Lippsmeier)
Am „Landesgemeinschaftsstand NRW – Gesundheitswirtschaft. Telematik. Telemedizin.“ auf der Medica 2016 in Düsseldorf (v.l.): Diplom-Psychologe Martin Bielefeld und Diplom-Psychologin Laura Bottel von OASIS sowie PD Dr. Bert te Wildt, Leiter der Medienambulanz im LWL-Universitätsklinikum Bochum. (Bildquelle: ZTG/Lippsmeier)

Die Öffentlichkeitsarbeit rund um die Online-Ambulanz-Service für Internetsüchtige, kurz: OASIS hat sich gelohnt. Nachdem das vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Pilotprojekt sich im zurückliegenden Jahr auf mehreren Messen, Kongressen und Tagungen präsentiert hatte und in den Medien stark vertreten war, erhielt OASIS in den darauffolgenden Monaten regen Zulauf. Nun ziehen die OASIS-Macher Zwischenbilanz.

„Aufgrund der großen Resonanz konnte OASIS bundesweit in den Hilfesystemen und in der Bevölkerung bekannt gemacht werden“, ist Oberarzt und OASIS-Projektleiter PD Dr. Bert te Wildt, Ärztlicher Psychotherapeut und Leiter der Ambulanz der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), sehr zufrieden mit dem Zwischenergebnis. Unter http://www.onlinesucht-ambulanz.de können sich Interessierte seit September 2016 einem Selbsttest unterziehen und überprüfen, ob möglicherweise eine Internetabhängigkeit besteht. Bundesweit haben auf diesem Weg bislang rund 10.000 Betroffene und Angehörige den Selbsttest gemacht. „Nach der Halbzeit haben bereits mehr als die Hälfte der gewünschten Anzahl an Teilnehmern OASIS in Anspruch genommen“, so Diplom-Psychologin Laura Bottel, die mit Bert te Wildt und dem Diplom-Psychologen Martin Bielefeld zu den Projekt-Verantwortlichen zählt. Dabei stellte das Team fest, dass es für männliche Online-Sexsüchtige etwas leichter zu sein scheint, sich zuerst in einer Online-Ambulanz Hilfe zu suchen. Weiterhin zeichnet sich ab, dass auf diesem Weg etwas mehr weibliche Betroffene erreicht werden können, die eher unter einer missbräuchlichen Nutzung von sozialen Medien, Gelegenheitsspielen und Video-Streaming leiden als unter einer schweren Sucht mit erheblichen negativen Auswirkungen. „Allerdings sind die Computerspielabhängigen – ähnlich wie in den Klinik-Ambulanzen – am stärksten bei OASIS vertreten“, schildert Laura Bottel. Gerade auch Angehörige von Computerspielsüchtigen suchen Rat und Unterstützung bei OASIS.

Überrascht hat die Macher von OASIS, dass sich deutlich mehr Betroffene direkt anmelden als Angehörige. „Wir haben in unserer Bochumer Medienambulanz die Erfahrung gemacht, dass die Kontaktanbahnung – wie bei anderen Suchterkrankungen –  häufig über die Angehörigen erfolgt“, beschreibt te Wildt. „Dies spricht dafür, dass es OASIS in besonderem Maße gelingt, die Betroffenen tatsächlich dort abzuholen, wo sich nicht nur ihre Sucht, sondern eben auch die meiste Lebenszeit abspielt.“

Wünschenswert wäre es, wenn noch mehr Angehörige das Angebot nutzen würden. Denn es ist immer wieder festzustellen, dass insbesondere Eltern und Lebenspartner die Leidtragenden der Erkrankung ihrer Kinder und Partner sind. Viele Patienten konnten bislang über die Online-Ambulanz in Beratungstellen, Spezialambulanzen und Kliniken vermittelt werden. „Wir finden es besonders spannend, wenn sich die Patienten nach den zwei 50-minütigen Online-Sprechstundenterminen per Webcam dann live und in Farbe bei uns vorstellen“, so der Mediensucht-Experte te Wildt. „Dem ersten OASIS-Patienten so gegenüber zu sitzen, war schon ein ganz besonderer Moment.“

Der erste OASIS-Patient war ein junger Student, der nun regelmäßig und mit fortschreitendem Behandlungserfolg die Cybersexsucht-Therapiegruppe besucht. Er schrieb an das OASIS-Team: „Über einen Artikel eines Onlinemagazins bin ich auf das Angebot von Herrn Dr. te Wildt und seine Kollegen gestoßen. Mir war schon länger bewusst, dass mein Internetnutzungsverhalten problematisch ist, hatte bisher jedoch immer Hemmungen, mich mit diesem Problem an einen Fachmann zu wenden. Letztlich hat mich die anfängliche Anonymität und Distanz zum Therapeuten überzeugt, dem Programm eine Chance zu geben. Ich habe tatsächlich in nur wenigen Sitzungen gelernt, einen besseren Zugang zu meinem Problem zu finden.“

Noch ist das Forschungsziel nicht erreicht. In der zweiten Hälfte des Projekts erhofft sich das Projektteam um te Wildt noch viele weitere Kontakte von Betroffenen und Agenhörigen sowie webcam-basierte Therapiesitzungen.

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