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Künstliche Enzyme aus DNA

Ruhr-Universität Bochum am 20. August 2018

Anja Hemschemeier und Thomas Happe halten DNA-Enzyme für ökologisch und ökonomisch sinnvoll – und auch für realisierbar. ©RUB, Kramer

In der Natur bestehen Enzyme meist aus Eiweiß. In einer nicht allzu fernen Zukunft könnte das anders sein, erläutert ein Bochumer Forschungsteam in einem Review-Artikel.

Enzyme arbeiten sehr spezifisch und benötigen wenig Energie – daher sind die Biokatalysatoren auch für die chemische Industrie interessant. In einem Übersichtsartikel in der Zeitschrift Nature Reviews Chemistry fassen Prof. Dr. Thomas Happe und Privatdozentin Dr. Anja Hemschemeier von der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum zusammen, was bereits über die Wirkweise von Enzymen aus der Natur bekannt ist. Die Autoren schildern auch eine Vision für die Zukunft: künstliche Biokatalysatoren, die nicht wie in der Natur aus Eiweiß, sondern aus DNA bestehen. Der Artikel ist am 17. August 2018 erschienen.

„Sowohl für den Klimaschutz als auch aus ökonomischen Gründen wäre es von unschätzbarem Wert, eine biobasierte, von Enzymen getragene Industrie zu etablieren“, sagt Thomas Happe.

Zusammenspiel von Eiweißen und Kofaktoren entscheidend

Besonders komplizierte und energieaufwändige Reaktionen werden in der Natur oft von hochkomplexen Eiweißen bewerkstelligt. Sie beinhalten Kofaktoren, die nicht aus Eiweißen bestehen, sondern aus anorganischen Stoffen, häufig aus Metallen. In ihrem Artikel erläutern Hemschemeier und Happe, wie wichtig die atomaren Details für das Zusammenwirken von Eiweiß und Kofaktor in sogenannten Metalloenzymen sind.

Um den genauen Reaktionsmechanismus eines Metalloenzyms zu verstehen, ist die Chemie des Kofaktors entscheidend. Wissenschaftler manipulieren einzelne Atome des Kofaktors, um so seine Bedeutung zu entschlüsseln. „Das ist aber nicht immer einfach“, so Happe. „Denn dafür müssen Chemiker den Kofaktor künstlich herstellen, und das synthetische Konstrukt muss mit dem Eiweißanteil des Enzyms auf natürliche Weise interagieren.“

Halbkünstliches Enzym hergestellt

Vor einigen Jahren gelang es einem Team um Thomas Happe, das Wasserstoff produzierende Enzym Hydrogenase auf diese Weise zu charakterisieren. Zusammen mit Chemikern entwickelten die Biologen ein halbkünstliches Hydrogenase-Enzym, in dem sie jedes einzelne Atom des Kofaktors austauschen und so verstehen konnten, wie Eiweiß und Kofaktor zusammenarbeiten.

Hydrogenasen könnten in der Industrie nützlich sein, um den potenziellen Energieträger Wasserstoff herzustellen. Allerdings sind die natürlichen Enzyme nicht sehr stabil, vor allem nicht, wenn sie mit Luft in Kontakt kommen. „Wir haben uns daher gefragt, ob sich die Enzyme nachbauen und robuster machen lassen“, erläutert Thomas Happe.

„In der Fachliteratur findet man schon viele Beispiele für die Herstellung künstlicher Eiweiße“, erklärt Anja Hemschemeier. „Aber Eiweiße sind meistens nicht so stabil, wie die Industrie sie gern hätte.“

Mehr Stabilität durch DNA

Daher verfolgen die Bochumer Biotechnologinnen und -technologen einen neuen Ansatz: Sie wollen Eiweiße gegen die wesentlich stabilere DNA austauschen.

Seit den 1980er-Jahren ist bekannt, dass Nukleinsäuren chemische Reaktionen katalysieren können, und diese Eigenschaft wird seither intensiv untersucht. „Wir haben Beispiele für Nukleinsäuren gefunden, die Eigenschaften wie Eiweiße besitzen“, sagt Hemschemeier. „Sie bilden zum Beispiel spezifische 3D-Strukturen aus, die eine bestimmte chemische Reaktion ermöglichen.“

Happe und Hemschemeier folgern daher in ihrem Übersichtsartikel: Es ist durchaus möglich, dass unsere Industrie in nicht allzu langer Zeit DNA-basierte Katalysatoren einsetzen kann, die solch komplexe Biokatalysatoren wie die Hydrogenase nachahmen.

Originalveröffentlichung: Anja Hemschemeier, Thomas Happe: The plasticity of redox cofactors: from metalloenzymes to redox-active DNA, in: Nature Reviews Chemistry, 2018, DOI: 10.1038/s41570-018-0029-3

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