Stürze verhindern
Patienten im Marien Hospital Herne trainieren mit innovativem Laufband
Ob es eine übersehene Teppichkante oder ein kurzer Schwindelanfall ist: Stürze im Alter sind häufig und gehen oft mit Verletzungen wie Knochenbrüchen einher. In der Tagesklinik für Altersmedizin des Marien Hospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum trainieren die Patienten von Direktor Prof. Dr. Rainer Wirth nun an einem innovativen Laufband, um mehr Sicherheit beim Gehen zu erlangen und Stürzen so vorzubeugen.
Eine häufige Folge des Alterns und der damit verbundenen Erkrankungen ist unter anderem, dass sich der Gang verändert, z. B. aufgrund von nachlassender Kraft oder abnehmendem Sehvermögen. „Bei einer Gangstörung reichen die Einschränkungen der Gehbewegung aber über die normalen altersbedingten Veränderungen hinaus“, erläutert Prof. Wirth. „Gangstörungen entstehen durch Störungen der Wahrnehmung, Störungen des Gleichgewichts oder der Koordination sowie durch Muskelschwäche und führen zu einem erhöhten Sturzrisiko.“ Bei vielen älteren Menschen erscheint das Gangbild in Routinesituationen relativ unauffällig. Auf unvorhergesehene Störungen, wie beim Stolpern, können sie jedoch oft nicht ausreichend schnell reagieren.
Innovatives Laufband sorgt für unvorhergesehene Hindernisse
Als einzige Klinik in ganz Deutschland verwendet das Marien Hospital Herne nun ein spezielles Perturbationslaufband („Störungslaufband“) zur Therapie der Patienten mit Gangstörungen. Das Laufband kann so programmiert werden, dass es für den Patienten unvorhergesehene Bewegungen ausführt, die einem Stolpern gleich kommen. So kann sich das Band beispielsweise nach rechts oder links bewegen, plötzlich stoppen oder eine Rückwärtsbewegung machen. Die Patienten müssen die unvorhergesehenen Bewegungen ausbalancieren und trainieren so die tatsächlich problematische Situation. Zu ihrer Sicherheit befinden sie sich während des Trainings in einem Gurt, sodass ihnen im Falle eines Sturzes nichts passieren kann. „Mit dem Laufband trainieren Patienten, die zwar laufen können, aber dabei unsicher sind. Dabei fängt man langsam an, z. B. mit ersten angekündigten Störungen im Stehen und tastet sich dann im Trainingsverlauf weiter voran bis zu unvorhergesehenen Bewegungen im Gehen. Dadurch, dass die Patienten im Gurt gesichert sind, kann man auch an ihre Leistungsgrenzen gehen“, so der Klinikdirektor.
Ein Training, um für den Alltag gewappnet zu sein
Elke Bergau, Leiterin des Zentrum für Prävention, Therapie, Rehabilitation und sportmedizinische Diagnostik am Standort Marien Hospital Herne, führt gemeinsam mit ihrem Team täglich Übungen mit Gangstörungspatienten durch. Ein typisches Übungsgerät ist zum Beispiel der Stochastische Resonanztrainer (SRT). Dieses Gerät mit zwei beweglichen Fußplatten trainiert die Kraft, das Gleichgewicht und die Koordination des Patienten. „Beim Stochastischen Resonanztrainer stehen die Patienten auf den Platten und können sich bei Bedarf festhalten. Das neue Laufband hat den großen Vorteil, dass das Training viel dynamischer ist, da die unvorhergesehene Bewegung während des Gehens auf den Patienten zukommt. Dies ruft eine Reaktion wie beim Stürzen hervor. Auch ein Festhalten ist nicht möglich, sodass eine Ausgleichsbewegung mit Beinen und Armen nötig ist“, erklärt Bergau. Das Laufband simuliert daher eine natürliche Sturzsituation, wie sie auch im Alltag vorkommt.
Studien belegen Effizienz des Trainings
„Wir sind wirklich begeistert von der neuen Trainingshilfe. Studien konnten die Effizienz dieses Trainingsansatzes bereits belegen: Bei Patienten, die auf einem Gangparcour mit unangekündigten Störungen trainierten, konnte das Risiko für Stürze im Folgejahr um 30 bis 50 Prozent reduziert werden“, erläutert Wirth. Das Marien Hospital Herne ist deutschlandweit Vorreiter bei dieser Trainingsmethode und damit auch Referenzzentrum für diese Methode. Das in Israel entwickelte Gerät wird aber nicht nur in der Geriatrie eingesetzt. Weltweit kommt es ebenfalls bei der Rehabilitation von Patienten mit neurologischen sowie orthopädischen Erkrankungen und in der Sportmedizin zum Einsatz. In Deutschland befindet sich dieses Gerät bisher jedoch nur im Marien Hospital Herne im klinischen Einsatz.