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Digitalisierung im Sozialsektor – 4.0 mal anders

Tagung von IAT, IAQ und FGW in Gelsenkirchen

Westfälische Hochschule am 29. Mai 2019

Auch im Gesundheits- und Sozialsektor hat die Digitalisierung der Arbeit längst Einzug gehalten. An Strategien für Industrie 4.0 können und sollten sich die Akteure allerdings nur begrenzt orientieren, vielmehr sind empirisch fundierte eigene Digitalisierungsszenarien für das Gesundheits- und Sozialwesen notwendig. Das zeigte das Netzwerk Arbeitsforschung NRW am 21. und 22. Mai im Wissenschaftspark Gelsenkirchen. Organisiert wurde die Tagung in Kooperation von Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung (FGW/Düsseldorf), Institut Arbeit und Technik (IAT/Westfälische Hochschule Gelsenkirchen) und Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).

Bestätigt wurde, dass die digitale Technik aus Sicht der Professionen prinzipiell akzeptiert wird, allerdings befördere sie auch eine Re-Organisation von Entscheidungssystemen und -routinen. Ohne die fachliche Mitwirkung, Einbindung und Mitgestaltung der Professionen drohe hier eine „Digitalisierungshavarie“. „Dabei geht es insbesondere darum, die Beschäftigten zur Beteiligung zu motivieren, Lernprozesse zu unterstützen und passgenaue betriebliche Partizipation zu implementieren“, fordert Organisatorin Michaela Evans vom IAT. „Dies stellt auch Führung vor neue Herausforderungen bei betrieblichen Veränderungsprozessen, die Berücksichtigung des Sozialen, v.a. von Vertrauenswürdigkeit und Verantwortung, gewinnt noch weiter an Bedeutung“, ergänzt Caroline Richter vom IAQ.

Digitale Technik wird auch durch die Beschäftigten selbst in die Einrichtungen getragen, etwa durch die Nutzung privater digitaler Technik am Arbeitsplatz. „Digital vor analog“ als das neue „ambulant vor stationär“ müsse – so eine zentrale Diskussionslinie – von Gesundheits- und Sozialwesen kritisch reflektiert und gestaltet werden. Saskia Freye vom FGW betont: „Viele der aktuell diskutierten Themensind nicht neu. In diese Debatten können Forschung und Praxis ihre Erkenntnisse, Erfahrungen und Expertise offensiv einbringen.“ Ein Risiko sahen die Tagungs-Teilnehmer_innen allerdings darin, dass aktuelle und zukünftige Perspektiven auf Digitalisierung in der Arbeit selten wirkungsbezogen, sondern meist technologiegetrieben praktiziert werden könnten. Digitalisierung werde häufig verkürzt auf die Übertragung analoger Verfahrensweisen in die digitale Welt verstanden, mit unklarem oder dar ohne Nutzen für alle Beteiligten.

Gewünscht wurde insbesondere eine stärker vergleichende und interdisziplinäre Digitalisierungsforschung. Benötigt werde nicht nur eine inter-, multi- und transdisziplinäre Technikfolgenabschätzung, sondern auch eine Forschungsfolgenabschätzung.

Die Beiträge zur Tagung sollen im Frühjahr 2020 u.a. in der Zeitschrift Arbeit publiziert werden.

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