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Machen Sonnenschutzmittel krank?

Haut-Expertin äußert sich zu aktueller Studienlage

Klinikum Dortmund gGmbH am 26. Juni 2019

Dr. Pia Dücker, Oberärztin in der Hautklinik im Klinikum Dortmund und Mitglied im Westfälischen Krebszentrum

Die Zahl klingt besorgniserregend und wird derzeit im Internet auch breit diskutiert: Laut einer Studie in den USA haben Wissenschaftler nachgewie-sen, dass die Anwendung von Sonnenschutzmittel giftige Basisgrenzwerte im Blut der Nutzer kurzfristig um das bis zu 1.000-fache übersteigen lässt. So konnten die Forscher vor allem hohe Konzentrationen der in den Präpa-raten enthaltenen UV-Blocker nachweisen. Ergibt sich daraus nun, dass beispielsweise die Sonnencreme für den Urlaub krank machen kann? Dr. Pia Dücker, Oberärztin in der Hautklinik des Klinikums Dortmund und Mit-glied im Westfälischen Krebszentrum, klärt auf.

24 junge Menschen hatten in der Studie über vier Tage viermal täglich 75 % ihrer Hautoberfläche mit Sonnenschutzmitteln eingecremt. In der Studie wurden an-schließend die Blutkonzentrationen von den chemischen UV-Blockern Avoben-zon, Octocrylen, Ecamsule und Oxybenzon überprüft und mit den Basisgrenzwerten verglichen, die Toxikologen für unbedenklich halten. „Der Basisgrenzwert (festgelegt mit Plasmakonzentrationen 0,5ng/l) ist allerdings nur eine geschätzte Konzentration, bis zu der – wie man vermutet – diese Substanzen unbedenklich sind. Dieser Wert wurde nicht durch Untersuchungen am Menschen belegt“, sagt die Expertin. Aufgrund der genannten US-Studie könne daher zunächst einmal nur ausgesagt werden, dass eine Aufnahme dieser UV Blocker über die Haut in den Körper erfolgt. „Die Studie sagt nichts darüber aus, ob diese erhöhten Konzentrationen gesundheitsschädlich sind. Entsprechend weiterführende Untersuchungen am Menschen liegen nicht vor“, so Dr. Dücker.

„möglicherweise krebserregende Substanz“

Beispiel Oxybenzon: Diese chemische Verbindung ist ein Breitband-UVA/UVB-Absorber in Lichtschutzpräparaten. Nur für sehr hohe Konzentrationen ist im Tierversuch eine hormonelle Wirkung beschrieben worden. Oder ein anderes Beispiel: Titandioxid. Das Weißpigment ermöglicht in der Sonnenmilch eine Re-flexion von UV-Strahlen. Ihm wurde angelastet, bei Eindringen in die Haut krebserregend zu sein. Untersuchungen konnten die Aufnahme über die Haut jedoch ausschließen. Die Risikobeurteilung der europäischen Chemikalienagentur ECHA spricht allerdings bei Inhalationen des Titandioxids von einer „möglicherweise krebserregenden Substanz“. Hierzu muss man wissen, dass Titandioxid als „Weissmacher“ weit verbreitet ist, u.a. zum Beispiel in Sprühlacken, und sich die Gefährdungseinstufung auf die Inhalation solcher Lackfarben bezieht.

Anlass für weitere wissenschaftliche Untersuchungen

„Lichtschutzfaktoren werden meist in Kombinationen verwendet, so dass die Forschung dies sicherlich auch noch näher untersuchen muss“, so Dr. Dücker. „Die dargelegten Bedenken gegenüber UV-Blockern sollten also Anlass für weitere wissenschaftliche, groß angelegte Untersuchungen sein, aber die aktuelle Anwendung der auf dem Markt befindlichen Präparate nicht diskreditieren.“

Großer Nutzen gegen weißen oder schwarzen Hautkrebs

Der weitverbreitete konsequente Gebrauch ohne dokumentierte Unverträglichkeiten bei einer Anwendung am Menschen unterstreicht dies. „Der Nutzen dagegen wird untermauert durch Studien aus Australien, die zeigen konnten, dass ein konsequenter Sonnenschutz die Häufigkeit sowohl des weißen als auch des schwarzen Hautkrebs reduzieren kann“, so Dr. Dücker.

Tipp: dunkle, trockene, nicht eng anliegende Textilien

Dabei dürfe der Lichtschutz per Creme oder Lotion nicht als Freibrief für den dauerhaften Aufenthalt im Freien missverstanden werden. Auch textiler Licht-schutz als Basisschutzmaßnahme sei wichtig. „Dunkle, trockene, nicht eng anliegende Textilien schützen besser als helle und nasse Kleidung“, sagt Dr. Dücker. Textilien mit UV-Siegel oder Kleidung, die mit Waschmitteln gewaschen werden, die einen UV-Absorber an die Textilfaser abgeben, sowie lichtschützende Kopf-bedeckungen mit Krempe sind wirkungsvoll.

Lichtschutz in Tablettenform

Als mögliche Alternative zu den äußerlich anzuwendenden Lichtschutzpräparaten wird in den Medien der Lichtschutz von innen diskutiert. Nikotinamid (Vitamin B3) als „Lichtschutz in Tablettenform“ führte zu einer Reduktion des weißen Haut-krebses bei der australischen Bevölkerung. Die als Alternative zu extern aufgetragenen Lichtschutzpräparaten propagierte, angeblich schützende Wirkung von Astaxanthin aus Rotalge und Lachs, Beta-Karotin in Kombination mit Vitamin E und Polyphenonen aus grünem Tee gehören als „oraler Lichtschutz“ hingegen auf den Prüfstand.

UV-Licht schädigt Erbsubstanz der Hautzellen

Wissenschaftlich unzweifelhaft belegt ist, dass UV-Licht neben Hautalterung auch Schäden in der Erbsubstanz der Hautzellen hervorruft. Hauteigene Reparaturenzyme vermögen solche Schäden zum Teil auszugleichen, bei „Überlastung“ entstehen aber Hauttumoren. Dies ist für die Entstehung des weißen Hautkrebses belegt. Auch bei der Entstehung des malignen Melanoms, des schwarzen Hautkrebses, wird zunehmend deutlich, dass Sonnenlicht ursächlich für Tumor-mutationen verantwortlich ist. Das bedeutet, es entsteht aus einer gesunden Zelle eine Tumorzelle.

Bösartige Hauttumoren an der Spitze

So zählen Experten inzwischen mehr als 35.000 Neuerkrankungen pro Jahr beim schwarzen Hautkrebs, für das Basalzellkarzinom sind es ca. 150.000 pro Jahr. Zudem werden ca. 90.000 jährliche Neuerkrankungen für das Plattenepithelkarzinom gemeldet. Damit nehmen die bösartigen Hauttumoren die Spitzenstellung bei den Neuerkrankungen in den Tumorregistern ein. „Ein Lichtschutzfaktor ist also nach wie vor lebenswichtig“, unterstreicht Dr. Dücker.

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