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Morphomolekularer Mechanismus bei COVID-19 entschlüsselt

Internationale Studie von Pathologen des Helios Universitätsklinikums Wuppertal veröffentlicht wegweisende Erkenntnisse zum COVID-19 Krankheitsverständnis

Helios Universitätsklinikum Wuppertal am 22. Mai 2020

Im Rahmen einer internationalen Kooperation des Helios Universitätsklinikums Wuppertal mit der Harvard Medical School und der Medizinischen Hochschule Hannover konnte unter Mitwirkung der Universität Leuven und Basel ein wesentlicher Baustein zum Krankheitsverständnis und den Organschäden bei COVID-19 aufgezeigt werden. Diese medizinisch weitreichenden Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe des renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht.

Im Zuge der COVID-19-Pandemie stellen schwergradige Krankheitsverläufe mit Multiorganschäden und unklarer Langzeitprognose die Gesundheitssysteme weltweit vor enorme Herausforderungen, wobei das genaue Schädigungsmuster der SARS-CoV-2- Infektion bislang unklar geblieben ist. Forscher des Helios Universitätsklinikums Wuppertal konnten mithilfe neuartiger Untersuchungsmethoden in einer Studie erstmals die molekularen und morphologischen Mechanismen der durch Covid-19 ausgelösten weitreichenden Gefäßschäden beschreiben. Im Vergleich zur gewöhnlichen Grippe (Influenza) schädigt das SARS-CoV-2-Virus bevorzugt Zellen des Blutgefäßsystems und führt nachfolgend zu einer deutlichen Einschränkung des Blutflusses in den Organen.

„Über 80 Prozent des Lungengewebes besteht aus kleinsten Blutgefäßen. Selbst feine Schädigungen führen zu Einschränkungen des Blutflusses. Das kann in kürzester Zeit lebensbedrohlich für den Patienten werden, da mit sogenannten Mikroembolien gerechnet werden muss“, so PD Dr. med. Maximilian Ackermann, Wissenschaftler am Institut für Pathologie und Molekularpathologie. Aufgrund des durch SARS-CoV-2 hervorgerufenen Blutgefäßschadens zeigt sich insbesondere in den kleinen und kleinsten Gefäßen der Lunge eine ausgeprägte Entzündung. Sie wird durch T-Zellen vermittelt, weiße Blutzellen, die der Immunabwehr dienen. Medizinisch ist dieser Ablauf vergleichbar mit einer starken Abstoßungsreaktion nach Organtransplantation. „Wir konnten zusätzlich aufzeigen, dass durch die hervorgerufene Störung des Blutflusses eine spezielle Form der Blutgefäßneubildung, eine sogenannte intussuszeptive Angiogenese, angeregt wird“, erklärt Prof. Dr. med. Hans Michael Kvasnicka, Direktor des Instituts für Pathologie und Molekularpathologie am Helios Universitätsklinikum Wuppertal.

Auf dem Boden dieser speziellen Gefäßneubildung, die auch bei gewöhnlichen Lungenfibrosen und Tumorwachstum festgestellt werden kann, kommt es zu einer weiteren Aktivierung der beobachteten Entzündungskaskade. Sie erklärt letztlich den Schweregrad der COVID-19-Erkrankung bei einigen Patienten. „Dieser erstmalig beschriebene Mechanismus aus Blutgefäßneubildung und Entzündung durch das SARS-CoV-2-Virus bestimmt das komplexe Krankheitsbild bei COVID-19 und demonstriert, dass die generalisierten Komplikationen bei dieser Erkrankung maßgeblich auf den Gefäßschaden zurückzuführen sind“, so Prof. Kvasnicka. „Das daraus gewonnene Krankheitsverständnis kann nun helfen, wirksame Therapien zu entwickeln.“

Das „New England Journal of Medicine“ als eine der renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften, veröffentlichte die Studie gestern (21.05.). Die Forscher werden nun auch andere Organe von Covid-19-Patienten untersuchen. „Wir werten diesen Erfolg als eine Etappe auf dem Weg zum Ziel, die Krankheitsmechanismen bei COVID-19 besser zu verstehen, um Corona-Patienten gezielter therapieren zu können,“ kündigt der Wissenschaftler Prof. Kvasnicka an. Aktuell erfolgen im Rahmen einer multidisziplinären Studiengruppe um PD Dr. Ackermann und Prof. Danny Jonigk (Medizinische Hochschule Hannover) sowie mehrerer internationaler Partner weitere Untersuchungen zum Verständnis der Langzeitschäden bei COVID-19.

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