Weniger Vorsorge in der Pandemie
Expertin des Hauttumorzentrums warnt vor steigenden Fallzahlen
Eine Studie, die ursprünglich die Behandlungsqualität unter Corona über-prüfen sollte, deutet nun auf eine ganz andere Problematik hin: Alle bestehenden Patient*innen des Hauttumorzentrums im Klinikum Dortmund wurden 2020 zwar ungehindert behandelt, doch die Zahl der Neupatient*innen ist stark gesunken. Sind in diesem Jahr schlichtweg viel weniger Menschen an Hautkrebs erkrankt? Das sei sehr unwahrscheinlich, meint Dr. Svea Hüning, Funktionsoberärztin der Hautklinik im Klinikum Dortmund sowie Koordinatorin des Hauttumorzentrums. „Wir vermuten, dass viele Tumore noch gar nicht entdeckt wurden, weil Betroffene wegen der Pandemie Arzt-und somit Vorsorge-Termine vermeiden“, sagt Dr. Hüning. Die Sorge sei nun, dass viele Erkrankungen mit starker Verzögerung und somit erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt werden – was eine Behandlung deutlich erschwert.
Auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe bestätigt, dass 2020 bei weitem nicht so viele Vorsorge- Untersuchungen bei niedergelassenen Ärzten vorgenommen wurden. Im Vergleich: Es wurden im zweiten Quartal (also ab der Zeit des Lockdowns bis Ende Juni) rund 200.000 onkologische Fallzahlen inkl. Hautscreening bei niedergelassenen Ärzten abgerechnet. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum noch 270.000. „Dann kommt natürlich auch hinterher weniger bei uns an“, so Dr. Hüning. Während die Anzahl der Erkrankten mit schwarzem Hautkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium nahezu gleichbleibend sei, ist die Zahl der früherkannten Tumore also deutlich zurückgegangen.
Sorge vor Krebserkrankungen in fortgeschrittenen Stadien
„Seit 1970 hat sich die Zahl der an schwarzem Hautkrebs Erkrankten mehr als verfünffacht. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass diese Zahl auf einmal abnimmt“, so Dr. Hüning. Wie sich das entwickeln wird, könne noch niemand sagen. „Aber die Sorge ist, dass viele Menschen ihre Vorsorge weiterhin aufschieben. Dann wird aus einem kleinen leider schnell ein größerer Tumor, der auch lebensbedrohlich sein kann, denn dann ist der Hautkrebs nicht mehr so leicht zu behandeln wie am Anfang.“
Beste Versorgung im Hauttumorzentrum trotz Pandemie
Dabei zielte die Studie anfangs auf den Nachweis von Behandlungsqualität ab. „Wir haben uns gefragt, ob coronabedingt Versorgungs- Engpässe entstanden sind“, so Dr. Hüning. „Deshalb wurden zwei Monate lang alle Krebspatienten des Hauttumorzentrums befragt, unter anderem hinsichtlich Angst, Wartezeiten, Be-handlung und Hygienekonzept.“ Das Ergebnis: Es gab kaum Terminabsagen o-der -verschiebungen. Rund 90 Prozent der Patient*innen haben an die Hautklinik im Klinikum Dortmund sogar die Bestnote vergeben und beschrieben, dass sie sich zu jedem Zeitpunkt ihrer Therapie sehr sicher fühlten.
Selbsttest in den eigenen vier Wänden
Die Kosten eines Hautscreenings übernimmt die gesetzliche Krankenkasse ab einem Alter von 35 Jahren alle zwei Jahre. Unabhängig davon kann aber auch jede*r selbst die eigene Haut überprüfen. „Das funktioniert am besten mit einem Partner, denn die gesamte Haut sollte von Kopf bis Fuß unter die Lupe genommen werden – auch zwischen den Zehen und da, wo die Sonne nicht scheint“, so Dr. Hüning. „Auffällige Leberflecken können unterschiedliche Farben haben, asymmetrisch, erhaben oder unklar berenzt sein oder sich mit der Zeit verän-dern.“ Gefährdet seien vor allem diejenigen, die als Kind viele Sonnenbrände hatten, Menschen mit hellem Hauttyp, vielen Muttermalen oder genetischer Vor-belastung. „Vorbeugend ist vor allem Sonnenschutz wichtig durch eincremen und Kleidung“, so Dr. Hüning. „Aber Sicherheit schafft vor allem das professionelle Hautscreening beim Haus- oder Hautarzt.“