Forschung und Lehre zu Geschlechteraspekten in der Medizin gestärkt
Aus medizinischer Sicht gibt es wichtige Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Dass sich beispielsweise Herzinfarkte bei Frauen anders äußern, ist inzwischen gut bekannt. Man weiß auch, dass Männer anfälliger für manche Krebserkrankungen sind, während Frauen häufiger von Essstörungen betroffen sind. Aber es gibt viele weitere Erkrankungen und Therapien, deren geschlechterspezifische Effekte bisher kaum untersucht sind. Deshalb will die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) nun ein besonderes Augenmerk auf Geschlechteraspekte in der Medizin legen. Sie fördert in den kommenden fünf Jahren wissenschaftliche Forschungsvorhaben zur Gendermedizin und unterstützt auch die Einbettung der Gendermedizin in die Ausbildung der Essener Medizinstudierenden.
Frau Prof. Dr. Arzu Oezcelik hat seit dem Sommer 2021 eine Genderteildenomination inne. So ist sie Professorin für Viszerale Transplantation unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte und stellvertretende Direktorin der Klinik für Allgemein-,Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsklinikum Essen. Sie wird in den kommenden fünf Jahren untersuchen, inwieweit der Erfolg einer Leber- oder Nierentransplantation vom Geschlecht abhängt. „Wir wollen untersuchen, welchen Einfluss geschlechterspezifische Unterschiede zwischen Organ/Spender:in und Empfänger:in auf das Ergebnis der Transplantation haben“, erklärt Prof. Oezcelik. „Neben der Ausarbeitung dieser Parameter, ist ein übergeordnetes Ziel, das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass diese geschlechtsspezifischen Parameter in unseren klinischen Alltag und Entscheidungsfindung in der Transplantationsmedizin integriert werden.“ Die genderspezifischen Daten sollen zukünftig systematisch miterfasst werden.
Bereits seit 2020 bietet die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen Gendermedizin als Wahlfach an. „Das Wahlfach Gendermedizin – oder eigentlich besser geschlechterspezifische Medizin – bietet bereits einen Querschnitt durch viele verschiedene Fächer für klinische Mediziner:innen. Aber wir möchten das Fach noch weiter ausbauen und wünschen uns auch eine Verankerung von Geschlechteraspekten in den Pflichtfächern für unsere Studierenden“, erklärt PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn, die die Implementierung der Gendermedizin in die Lehre federführend übernommen hat.
Gemeinsam mit den Essener Kolleg für Geschlechterforschung (EKfG) bilden Prof. Dr. Anke Hinney, Prodekanin für wissenschaftlichen Nachwuchs und Diversität, Prof. Dr. Oezcelik und PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn ein Team, das andere Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät und der Uniklinik dabei unterstützt, Genderaspekte in neuen Forschungsprojekten zu berücksichtigen.
„Die DFG empfiehlt bei allen Neuanträgen, das Projekt hinsichtlich einer Relevanz von Geschlecht und Vielfältigkeit zu prüfen. Damit sollen blinde Flecken in der Forschung vermieden werden um die wissenschaftliche Qualität der Ergebnisse zu erhöhen“, so Prof. Hinney, die bereits seit 2016 die Genderteildenomination zur Molekulargenetik von Adipositas und Essstörungen unter Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Aspekten innehat.
Auf erste Ergebnisse kann das Team bereits zurückblicken: Es wurde bereits ein erster Gendersensibilisierungsworkshop in Zusammenarbeit mit dem EKfG für die Beteiligten der klinischen Forschungsgruppe 337 „Phenotime“ erfolgreich durchgeführt. Es sind weitere Informationsveranstaltungen und Workshops für Wissenschaftler:innen geplant, um das Bewusstsein für Genderunterschiede in allen Forschungsbereichen der Universitätsmedizin Essen zu stärken.