Kontinenz- und Beckenbodenzentrum im Revier: Den Betroffenen die Scham nehmen
„Es gibt heute viele Möglichkeiten gesteigerten Harndrang, Senkungsbeschwerden im Beckenboden, ungewollten Urinverlust und Stuhlinkontinenz zu heilen oder die Symptome deutlich zu lindern. Es geht uns vor allem darum, unseren Patienten eine hohe Versorgungsqualität zu bieten. Sie sollen ihre Erkrankung nicht länger als Tabu erleben und Hilfe bekommen“, sagen drei Chefärzte, die gemeinsam das interdisziplinäre Kontinenz- und Beckenbodenzentrum im Revier gründen. Das sind Dr. Carsten Böing, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe – Brustzentrum in der Paracelsus-Klinik Marl, und vom Bergmannsheil Buer Dr. Alexander Göll, Chefarzt der Klinik für Urologie, Kinderurologie, Urologische Onkologie und Roboterassistierte Urologie, und sein Kollege Privat-Dozent Dr. Markus Utech, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. „Unser Ziel ist es, den Betroffenen eine Anlaufstelle, kompetente Hilfe und moderne Behandlungsmethoden anzubieten.“ Zum Behandlungsteam gehören auch Psychologen sowie speziell ausgebildete Urotherapeuten und Physiotherapeuten.
Chronische Verstopfung, Hämorrhoiden, der Verlust der Darmkontrolle, der ungewollte Harnverlust, eine Blasenentleerungsstörung oder Beckenbodenschwäche – das sind die Probleme, die urologisch, gynäkologisch und allgemeinchirurgisch im neuen Zentrum in den beiden knappschaftlichen Kliniken behandelt werden.
Harninkontinenz
Mehr als sechs Millionen Menschen leiden in Deutschland unter einer „schwachen Blase“, dem unwillkürlichen Urinverlust, doch nur rund 15 Prozent der Betroffenen sind in medizinischer Behandlung. Mit dem Alter nimmt das Problem zu. „Ist die Speicherfunktion der Harnblase gestört, kommt es zur Harninkontinenz. Häufig ist es ein Zeichen für eine Beckenbodenschwäche – und das trifft auf Männer wie auch auf Frauen zu“, sagt Gynäkologe Dr. Böing. „Die Belastungen des Alltags, eine Geburt, aber auch der Alterungsprozess führen dazu, dass der Beckenboden überdehnt wird und dadurch absinkt.“
Eine umfangreiche Diagnostik, zu der auch eine Urinfluss- und Druckmessung in Harnröhre und Blase gehören kann, ist für die Mediziner die Basis individueller Therapiekonzepte. „Medikamente, Beckenbodentraining, die Elektrostimulation sowie Hilfsmittel wie Vaginalpessare sind nur einige von vielen weiteren Therapien. Daneben ist die Unterspritzung der Harnröhren- und Blasenschleimhaut eine Option“, so Urologe Dr. Göll. Werden Blase und Beckenboden operativ angehoben, geschieht dies in der Regel minimal-invasiv, „was für die Patientinnen die Dauer des Krankenhausaufenthaltes verkürzt“, betont Dr. Böing.
Kindliche Harninkontinenz
Einnässen wird bei Mädchen ab dem 5. Geburtstag, bei Jungen ab dem 6. Geburtstag als Störung mit Krankheitswert angesehen. „Bei der Behandlung dieser Störung arbeiten wir eng mit der Allgemeinen Pädiatrie der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen zusammen. Medikamente helfen, aber vor allem verhaltenstherapeutische Verfahren“, so Dr. Göll.
Darminkontinenz
Bei einer Stuhl- oder auch Darminkontinenz verlieren Menschen die Fähigkeit, ihren Stuhlabgang oder das Halten von Darmgasen zu kontrollieren. „Besonders im Alter tritt diese unangenehme Erkrankung auf. Die Ursachen sind Muskel- und Nervenschäden“, erklärt Allgemeinchirurg Dr. Utech. „Auch hier spielt eine Beckenbodenschwäche verbunden mit einer Darmsenkung oder Darmvorfall eine Rolle.“ Für spezielle komplexe Eingriffe am Enddarm- und Darmausgang setzt Dr. Utech auf die minimal-invasive, roboterassistierte Chirurgie, die für den Patienten schonend ist und sich durch eine extrem hohe Präzision auszeichnet.