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Start der Interventionsphase von TELnet@NRW

1. September 2017

Vorne: Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, Sprecher des Telemedizinzentrums der Uniklinik RWTH Aachen; Mitte (v. l.): Prof. Dr. med. Thomas H. Ittel, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Uniklinik RWTH Aachen, Dr. Beate Wieland, Leiterin der Abteilung Forschung und Technologie im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, Rudolf Henke (MdB), Präsident der Ärztekammer Nordrhein und Stellvertretender Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Stefan Uhlig, Dekan der Medizinischen Fakultät und Vorstandsmitglied der Uniklinik RWTH Aachen, Günter van Aalst, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK) in NRW; hinten: Dipl.-Kfm. Peter Asché, Kaufmännischer Direktor und Vorstandsmitglied der Uniklinik RWTH Aachen, in den neuen Räumlichkeiten des Telemedizinzentrums am Campus-Boulevard.
Das durch den Gemeinsamen Bundesausschuss geförderte Projekt TELnet@NRW verfolgt das Ziel, in den Modellregionen Aachen und Münster ein sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk aufzubauen. Es soll in den überlebenswichtigen Bereichen Infektiologie und Intensivmedizin Haus-, Krankenhaus- und Fachärzte miteinander verbinden, um die Gesundheitsversorgung flächendeckend zu verbessern und die Behandlungsqualität und die Effizienz der Versorgung von Patientinnen und Patienten messbar zu steigern. Das Projekt wird mit 20 Millionen Euro aus dem Innovationsfond gefördert. Mit einer Auftaktveranstaltung am 30. August 2017 fiel nun der Startschuss für die Interventionsphase von TELnet@NRW. Ausgewiesene Experten und Referenten waren zugegen – darunter auch Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein und Stellvertretender Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, der sich selbst vor Ort im Telemedizinzentrum der Uniklinik RWTH Aachen einen Eindruck von den aktuellen Entwicklungen und Innovationen verschaffte und mit einem Vortrag zu „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ einen wichtigen Impuls lieferte. Gleichzeitig wurden die neuen Räumlichkeiten des Telemedizinzentrums am Campus-Boulevard feierlich eröffnet.

Die gesellschaftlichen Veränderungen immer älter werdender Menschen, die häufiger unter chronischen Krankheiten leiden, sowie eine zunehmend ungleiche Verteilung von Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten/-innen stellt das Gesundheitswesen vor große Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund muss die regionale Gesundheitsversorgung leistungsfähiger und vor allem flexibler werden. „Und genau hier setzt TELnet@NRW an. Durch digitale und telemedizinische Anwendungen bietet TELnet@NRW die Möglichkeit, die Versorgung bedarfsgerechter und patientenorientierter zu gestalten und dabei gleichzeitig ärztliche und pflegerische Fachkräfte zu entlasten“, sagt Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care sowie Projektleiter von TELnet@NRW.

Die Zahl von Ärzten, die sich auf die Behandlung von Infektionen spezialisiert haben, ist zu gering. „Es gibt bundesweit rund 300 in Krankenhäusern tätige Infektions-Experten“, so Prof. Marx. „Damit ist klar, dass nicht jedes Krankenhaus diese Expertise vorhalten kann. Und das wollen wir mit TELnet@NRW auffangen, denn in der Intensivmedizin ist eine rasche Diagnose und Therapie oft lebensrettend für die Patienten.“

Ziel des Projekts ist der Aufbau eines telemedizinischen Netzwerks, das in den überlebenswichtigen Bereichen Infektiologie und Intensivmedizin Haus-, Krankenhaus- und Fachärzte miteinander verbindet und eine sichere Video-Kommunikationsverbindung mit einem schnellen und geschützten Datenaustausch zwischen den beteiligten Einrichtungen etabliert. In der Praxis werde es so aussehen, dass mobile und digitale Einheiten wie Computer, Bildschirme und Kameras bis an das Krankenbett bzw. die Behandlungsliege gefahren werden, sodass Ärztinnen und Ärzte verschiedener Krankenhäuser per Videokonferenz gemeinsam beraten, welche Therapie die jeweils beste ist. Über diese Einheiten können auch Röntgenbilder und andere Befunde und Informationen des Patienten ausgetauscht werden. „Verbunden sein werden sie über hochgesicherte Datenleitungen mit den Telemedizin-Zentren der Unikliniken Aachen und Münster“, erklärt Prof. Marx.

Im Rahmen seines Vortrages erläutert Günter van Aalst, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK) in NRW und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin (DGTelemed), die Bedeutung des Innovationsfonds für die Entwicklung der Telemedizin. Bei allem Lob für die Förderung von Innovationen übte er aber auch Kritik. „Die Verfahren zur Regulierung sind hochkomplex und bergen das Risiko, Innovationen frühzeitig auszubremsen. Was wir brauchen, ist ein transparenter und unkomplizierter Weg, um digitale Versorgungsprodukte auf den Markt zu bringen“, betont Günter van Aalst.

„Als Ärztekammer und Kooperationspartner dieses Projektes verfolgen wir das Ziel, durch intersektorale sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Hilfe neuer telemedizinischer Methoden die Behandlung von Patientinnen und Patienten in der Fläche zu verbessern. Die konkrete Aufgabe und Unterstützung der Ärztekammer Nordrhein wird darin bestehen, durch Information und Beratung an der Qualitätssicherung des Projektes mitzuwirken“, macht der Präsident der Ärztekammer Nordrhein und Stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages Rudolf Henke deutlich.

Evaluation als zentrales Element für den Projekterfolg

Am Projekt nehmen als Konsortialpartner neben den Unikliniken aus Aachen und Münster 17 Krankenhäuser aus den Regionen Aachen und Münster, die Techniker Krankenkasse sowie die Ärztenetzwerke ‚GKS Köln-Süd‘ und ‚MuM – Medizin und Mehr‘ teil. Unterstützt wird das Projekt durch Kooperationspartnerschaften mit der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie allen gesetzlichen Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen. Wissenschaftlich begleitet und evaluiert wird das Projekt von der Universität Bielefeld und der ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH in Bochum.

Das Modellprojekt ist zunächst auf drei Jahre angelegt. In dieser Zeit sollen insgesamt rund 40.000 Patienten/-innen aus dem ambulanten und stationären Bereich an dem Projekt teilnehmen. Die Teilnehmer/-innen werden aus den 21 beteiligten Versorgungseinrichtungen rekrutiert – die jeweilige Einwilligung der in Frage kommenden Patienten vorausgesetzt. Dabei stehen Patienten/-innen mit einer infektiologischen Fragestellung sowie schwer kranke Patienten/-innen, welche auf der Intensivstation behandelt werden müssen, im Vordergrund. Es wird analysiert, inwiefern und in welchem Maße die Ziele dieser Versorgungsoptimierung erreicht werden.

Nach der Auswertung wird entschieden, ob die telemedizinischen Visiten Teil der Regelversorgung werden können. Bei positiven Projektergebnissen besteht die Möglichkeit, dass nutzenstiftende telemedizinische Anwendungen sowohl in der Intensivmedizin und Infektiologie als auch in anderen wichtigen medizinischen Disziplinen Eingang in die Regelversorgung finden und damit Bestandteil der regulären Versorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen werden.

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