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Bessere Atmung durch Entfernen von Lungenteilen?

Behandlung eines Lungenemphysems

Klinikum Dortmund gGmbH am 14. Februar 2019

Was im ersten Moment paradox klingt, ist eine große Chance für Betroffene einer schweren Lungenerkrankung: das Lungenemphysem, auch als „Überblähung“ der Lunge bekannt, sorgt bei über einer Million Menschen deutschlandweit für Atemnot und kann ohne Behandlung sogar zum Tod führen. Dr. Marcus Albert, Direktor der Klinik für Thorax-Chirurgie im Klinikum Dortmund, berichtet über die chronische Erkrankung, wie man ihr Voranschreiten bremsen kann und warum eine verkleinerte Lunge eine bessere Atmung ermöglicht.

Herr Dr. Albert, was ist ein Lungenemphysem überhaupt?

Dr. Albert: Ein Lungenemphysem ist eine schwere, chronische Lungenkrankheit, bei der sich das Lungengewebe mit der Zeit zunehmend mehr verändert. Die kleinen Lungenbläschen vergrößern sich und es entstehen immer größere, blasenartige Veränderungen des Lungengewebes – auch die Lunge wird also immer größer. Dadurch wird der Raum im Brustkorb deutlich enger – man könnte sagen, dass Betroffene schlichtweg keinen Platz mehr zum Atmen haben. Und ein Emphysem kennt leider nur eine Richtung: Ohne Therapie wird die Luft also immer knapper, selbst ohne körperliche Anstrengung. Das kann unter anderem auch zu einer Herzschwäche und einer schlechten Sauerstoffversorgung anderer Organe führen, ohne Behandlung sogar zum vorzeitigen Tod.

Wie entstehen solche Lungenemphyseme?

Dr. Albert: Der größte Teil der Patienten sind Raucher, meist über 50 Jahre alt. Oft spielt eine COPD, eine chronische Lungenerkrankung mit entzündeten und verengten Atemwegen, eine große Rolle. Es gibt auch angeborene Formen, aber die sind deutlich seltener und treten schon bei jüngeren Patienten auf. Ein Emphysem macht sich schon früh bemerkbar aufgrund immer knapper werdender Luft. Später können sich auch Lippen und Finger aufgrund des Sauerstoffmangels blau verfärben. Der Brustkorb verformt sich durch das Aufblähen der Lunge – optisch erinnert das an ein Fass, deshalb sprechen Mediziner in solchen Fällen von einem „Fassthorax“. Um dem Patienten das Atmen zu ermöglichen, hilft dann oft das Entfernen von betroffenen Lungenteilen.

Das klingt ja recht kurios: Mit einer verkleinerten Lunge lässt sich tatsächlich besser atmen?

Dr. Albert: Ganz genau, weil bei einer übergroßen Lunge das Zwerchfell, das hauptsächlich für die Atmung zuständig ist, immer weiter nach unten gedrückt wird. So entsteht eine dauerhafte Kurzatmigkeit, wodurch der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Bei früh erkannten Emphysemen steht anfangs die medikamentöse Therapie im Vordergrund. Es gibt zudem im fortgeschrittenen Stadium auch nicht-operative Lösungen, aber bei schweren Emphysemen kann eine Operation oft ratsam sein. Wir entfernen bei dem Eingriff, der minimal-invasiv erfolgt, etwa ein Viertel der am stärksten betroffenen und nicht mehr funktionierenden Lungenteile. Nach drei, vier Tagen im Krankenhaus und etwa anderthalb Wochen Schonung ist der Patient dann wieder belastbarer und alltagstauglicher.

Wird der Patient nach der OP wieder ganz gesund?

Dr. Albert: Hundert Prozent Gesundheit kann er leider nicht mehr erreichen – ein Lungenemphysem gilt grundsätzlich als nicht heil- oder umkehrbar. Aber durch die Behandlung werden neben der verbesserten Lebensqualität auch einige Jah-re an Lebensdauer dazugewonnen. So lässt sich auch eine eventuell erforderli-che Lungentransplantation noch um einige Zeit verzögern.

Lunge & Atemwege

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