Pionier der Verbrennungsmedizin und Plastischen Chirurgie verstorben
Prof. Dr. Dr. med. Fritz E. Müller gründete am Bergmannsheil erste Intensivstation für Schwerbrandverletzte in Deutschland
Prof. Dr. Dr. med. Fritz E. Müller, der ehemalige Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, ist am 24.05.2020 in Witten im Alter von 94 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben. Prof. Müller war von 1964 bis 1990 im Bergmannsheil tätig. 1968 gründete er am Bergmannsheil die erste Intensivbehandlungseinheit für Schwerbrandverletzte in Deutschland. Sein Schaffen war wegweisend nicht allein für den Aufbau der Plastischen Chirurgie am Bergmannsheil, sondern auch von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung seines Fachgebietes generell.
Viele Meilensteine gesetzt
„Prof. Müller war ein Pionier der Plastischen Chirurgie“, unterstreicht Dr. Tina Groll, Geschäftsführerin des BG Universitätsklinikums Bergmannsheil. „Es ist wesentlich seinem herausragenden Engagement zu verdanken, dass seine Abteilung damals wie heute eine außerordentliche Reputation genießt – und zwar nicht nur hier in der Region, sondern in ganz Deutschland und darüber hinaus.“ Prof. Dr. Marcus Lehnhardt, der heutige Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, Schwerbrandverletztenzentrum, ergänzt: „Das leitende Motiv von Prof. Müller war immer, bestmögliche Behandlungsbedingungen für seine Patienten zu schaffen. Er hat mit großer Tatkraft und gegen viele Widerstände wesentliche Meilensteine in der Verbrennungsmedizin und plastischen Chirurgie gesetzt und unsere Behandlungsstandards bis heute maßgeblich beeinflusst. Als Mitbegründer, Mitglied und Vorstand unserer Berufsorganisationen und Fachgesellschaften war er uns immer ein Vorbild.“
Verbrennungszentrum nach internationalem Vorbild
Prof. Dr. Dr. med. Fritz Eduard Müller wurde am 01.08.1925 in Kattowitz geboren. Nach Abschluss seines Doppelstudiums der Medizin und Zahnmedizin in Bonn 1949 genoss Fritz Eduard Müller eine umfassende chirurgische Ausbildung in der allgemeinen Chirurgie und der Kiefer-Gesichtschirurgie. Studienaufenthalte führten ihn nach England. Hier bildete er sich an verschiedenen renommierten Kliniken in allen Teilen der Plastischen Chirurgie weiter, also in der rekonstruktiven und ästhetischen Chirurgie, der Handchirurgie sowie der Behandlung Schwerbrandverletzter.
Zurück in Deutschland plante Prof. Müller, ein hochspezialisiertes Behandlungszentrum nach internationalem Vorbild aufzubauen. Hintergrund waren die seinerzeit hohen Zahlen von Verbrennungsopfern in Deutschland, insbesondere im Bergbau. Sowohl die Berufsgenossenschaften als auch die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl erkannten frühzeitig die Notwendigkeit, die Versorgung dieser Patienten strukturell zu verbessern. Im Juli 1966 übernahm Prof. Müller am Bergmannsheil als Oberarzt eine 28-Bettenabteilung, die nach englischem Vorbild zum Beispiel mit einer Klimatisierung zur Verhütung von Infektionen ausgestattet war. 1968 eröffnete das Bergmannsheil die erste Intensivstation für Schwerbrandverletzte als eigenständige Einheit. Fortan behandelten er und sein Team jährlich weit über 100 Patienten. Bis zu seiner Emeritierung wurden durch Prof. Müller mehr als 2.000 Brandverletzte im Bergmannsheil stationär versorgt.
Gründung der Fachgesellschaft der Plastischen Chirurgen
Im Herbst 1968 veranstaltete Prof. Müller in Bochum ein internationales Verbrennungssymposium, an dem insgesamt 150 Teilnehmer aus 19 Nationen (auch der ehemaligen DDR) teilnahmen. Auf dieser Tagung wurde am 16. Oktober 1968 im Parkhotel in Bochum die Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen gegründet. Noch im Jahr 2018 nahm Prof. Müller als Ehrenmitglied und Festredner am 50. Jahreskongress der Gesellschaft der Plastischen Chirurgen (DGPRÄC) in Bochum teil. Hier reflektierte er die Entwicklung der vergangenen 50 Jahre in der Plastischen Chirurgie und der Behandlung von Brandverletzungen in Deutschland.
„Mit tiefem Dank und großem Respekt vor seiner Lebensleistung verabschieden wir uns von Herrn Prof. Müller. Er wird uns immer in Erinnerung bleiben als eine eindrucksvolle, durchsetzungsstarke und hoch engagierte Persönlichkeit, für die das Patientenwohl jederzeit im Mittelpunkt stand“, sagt Prof. Lehnhardt.