Entwicklung der intelligenten Intensivstation vorangetrieben
Forschungsprojekt „Smart and Silent ICU“ von Dräger und Technologiepartnern erhält Förder-Zuschlag der Innovative Health Initiative (IHI)1
Viele Alarme auf Intensivstationen, von denen bis zu 95 Prozent klinisch irrelevant sind,i,ii,iii können Stress und Alarmmüdigkeit sowohl beim Personal als auch bei den Patienten verursachen. Dies kann vor allem die Gesundheit von Intensivpatienten beeinträchtigen und zu längeren Liegezeiten führeniv. Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts „Smart and Silent ICU“ steht eine Systemarchitektur auf Basis der ISO/IEEE 11073 SDC (Service-oriented Device Connectivity) Norm. Mit ihrer Hilfe lassen sich Alarme analysieren und die Alarmbelastung reduzieren. Diese Eigenschaften sollen im klinischen Praxisalltag untersucht werden.
Gesundheitliche Veränderungen von Intensivpatienten sind nur schwer zu prognostizieren. Hier setzt ein weiterer Fokus des Forschungsprojekts „Smart and Silent ICU“ an: Eine auf der Grundlage von SDC errichtete Systemarchitektur ermöglicht es, aus verschiedenen Geräten und Systemen Daten zentral zusammenzuführen und analysierbar zu machen. Aus diesen Informationen können KI-Anwendungen Muster ermitteln. Untersuchungen sollen belegen, inwieweit klinisches Personal dadurch Veränderungen frühzeitiger erkennen und Unterstützung bei therapeutischen Entscheidungen erhalten kann.
Im Rahmen von „Smart und Silent ICU“ starten Ascom, ein Anbieter mobiler Workflow-Lösungen, BetterCare, ein Hersteller von Lösungen für das Management klinischer Daten und Dräger zusammen mit medizinisch-wissenschaftlichen Einrichtungen in Europa vier Studien-Projekte über einen Zeitraum von drei Jahren.
„Wir freuen uns über die Förderung des IHI und sehen dadurch den Bedarf an datengesteuerter Therapieunterstützung in der Akutversorgung bestätigt. Gleichzeitig verdeutlichen die klinischen Anwendungsfälle des „Smart and Silent ICU“-Projekts, wie wichtig internationale Standards wie SDC für den sicheren Austausch und die Nutzung von Daten zwischen unterschiedlichen medizinischen Geräten und IT-Systemen sind. Dies ermöglicht zukunftsweisende Anwendungen für die klinische Praxis, wie zum Beispiel eine KI-basierte klinische Entscheidungsunterstützung“, so Michael Wilkening, Strategie und Geschäftsentwicklung Medizintechnik bei Dräger.
Anwendungsstudien an europäischen Universitätskliniken
Das Reduzieren unnötiger Alarme auf der Intensivstation steht im Mittelpunkt von zwei Anwendungsstudien in den Niederlanden auf der Basis von SDC. Eine Studie am Erasmus Medical Center, Rotterdam untersucht den Einfluss auf den Heilungsprozess, wenn Alarme am Krankenbett stummgeschaltet und sicher verteilt werden können, um so eine ruhigere Umgebung für den Patienten zu ermöglichen. Am Universitair Medisch Centrum, Utrecht untersuchen Pflegekräfte und Intensivmediziner in einer simulierten Studie den Einsatz von Algorithmen zur Bewertung klinischer Alarme auf Basis der klinischen Patientendaten. Mit Hilfe der entwickelten Regeln könnten zukünftig unnötige Alarme besser ermittelt und gegebenenfalls unterdrückt werden.
Zwei weitere Forschungsvorhaben in Österreich und Spanien fokussieren die Möglichkeiten des SDC-Standards, KI Anwendungen zu unterstützen. An der Medizinischen Universität Wien entwickelt und validiert eine Forschergruppe funktionale Algorithmen, die den Zustand von Intensivpatienten in Echtzeit analysieren und PICS (Post Intensive Care Syndrom)-Indikatoren in einem Frühstadium erkennen können. Das Früherkennungs-Tool soll Ärzte mit Empfehlungen und Vorhersagen dabei unterstützen, Therapieentscheidungen besser und früher treffen zu können. Am Hospital Clínic Barcelona und der Universitat Politècnica de Catalunya, Barcelona steht die Analyse der Herz-Lungen-Interaktion im Mittelpunkt. In diesem Kooperationsprojekt werden Algorithmen entwickelt und klinisch validiert, mit denen negative Gesundheitsentwicklungen und bestimmte Syndrome früh erkannt und angezeigt werden.
SDC-Standard etabliert sich im klinischen Alltag
Medizinische Geräte und Krankenhaus-IT müssen in einer offenen, sicheren Netzinfrastruktur klinische Daten empfangen oder senden können, unabhängig vom Hersteller. Dies ermöglicht die von der Non-Profit-Organisation OR.NET entwickelte SDC-Infrastruktur, die kompatibel ist zum weit verbreiteten Klinikstandard HL7. „Dräger engagiert sich für die Verbesserung der Akutversorgung durch Technologien und Dienstleistungen, die zur Therapieunterstützung und Krankenhausautomatisierung beitragen. Dafür investieren wir in die Innovation digitaler Systemlösungen und klinischer IT-Infrastrukturen und haben uns mit viel Engagement in die Entwicklung des SDC-Standards eingebracht. Umso mehr freut es mich, dass die EU dieses Engagement unterstützt. Dies fördert die digitale Transformation in der Medizintechnik und bestätigt Europa als führenden Innovationsstandort in diesem Sektor“, sagt Toni Schrofner, Chief Officer Medical Division bei Dräger.