NRW-Innenminister und Knappschaft Kliniken setzen neue Impulse für mehr Sicherheit im Krankenhaus
Podiumsdiskussion in Recklinghausen fokussiert Schutz von Klinik-Personal
Angesichts der zunehmend besorgniserregenden Gewalt gegen medizinisches und pflegerisches Personal fand am Montag in der neuen Pflegeschule der Knappschaft Kliniken in Recklinghausen eine richtungsweisende Veranstaltung zum Thema „Respekt und Sicherheit für Lebensretter“ statt. NRW-Innenminister Herbert Reul, der der Einladung von Anna Teresa Kavena, der Recklinghäuser Landtagsabgeordneten und Stellvertretenden Vorsitzenden des Innenausschusses NRW, folgte, sowie weitere führende Experten aus Politik und Gesundheitswesen diskutierten gemeinsam über dringende Maßnahmen zur Gewaltprävention in Kliniken. Die Veranstaltung setzte starke Impulse für einen besseren Schutz von Lebensrettern und unterstrich die Notwendigkeit eines gesamtgesellschaftlichen Dialogs. Im Fokus der Diskussion standen insbesondere die Empfehlungen des im Oktober veröffentlichten Leitfadens zur Gewaltprävention in Kliniken, entwickelt vom Präventionsnetzwerk #sicherimDienst und der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen e. V. (KGNW).
Alarmierende Gewalt in Krankenhäusern
Die Zahlen sind erschreckend: Allein im Jahr 2022 wurden etwa 4.000 Fälle von Gewalt gegen Klinik-Personal gemeldet – die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Besonders in den Zentralen Notaufnahmen, wo lange Wartezeiten und ein angespanntes Umfeld zu Aggressionen führen, häufen sich die Übergriffe. Hinzu kommt der schwierige Umgang mit Patienten, die unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen. Auch Rettungsdienste und Polizei sehen sich zunehmend mit Gewaltbereitschaft konfrontiert. Diese Gewalt hat schwerwiegende Folgen: Viele betroffene Beschäftigte leiden an posttraumatischen Belastungsstörungen und langfristigen psychischen Schäden. Die Zahl der Krankmeldungen aufgrund von Stress und Überlastung ist in den letzten Jahren stark gestiegen, was in vielen Fällen zu einem Berufswechsel und damit zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften führt.
Gesellschaftlicher Dialog als Schlüssel zur Prävention
Andreas Schlüter, Erster Hauptgeschäftsführer (CEO) der Knappschaft Kliniken, sieht die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Sensibilisierung, um diesem beunruhigenden Trend entgegenzuwirken: „Erfolgreiche Gewaltprävention im Krankenhaus gelingt nur, wenn wir gesellschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, die weit über den Klinik-Alltag hinausreichen.“ Er ruft zu einem offenen Dialog auf und fordert eine stärkere Vernetzung zwischen öffentlichen Institutionen. Dr. Hans Christian Atzpodien, Hauptgeschäftsführer (CCO) der Knappschaft Kliniken, unterstrich in seiner Begrüßung, wie wichtig Vertrauen für ein gewaltfreies Umfeld in Krankenhäusern sei: „Das Krankenhaus ist ein öffentlicher Raum. Wir leisten einen Dienst am Menschen. Dies ist nur dann gewaltfrei möglich, wenn genug Vertrauen zwischen Patienten, Angehörigen sowie Arzt und pflegerischem Personal besteht. Wir brauchen wieder mehr Zwischenmenschlichkeit und auch Zivilcourage innerhalb unserer Gesellschaft. Ein Schlüssel dazu ist ganz klar der Dialog zwischen Politik, öffentlichen Institutionen und Bürgern.“ Auch Innenminister Reul bezeichnete die Anzahl von Übergriffen und Gewalt in Krankenhäusern im Rahmen seines Impulsvortrages als erschreckend. Er möchte auf Aufklärung in Schulen setzen. Die Haltung und Einstellung von Kindern müsse in eine positive soziale Richtung gelenkt werden, um innerhalb unserer Gesellschaft dem Ich-bezogenen Wandel und der gesunkenen Frustrationstoleranz entgegenzuwirken.
Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit
Neben Innenminister Reul, der Stellvertretenden Vorsitzenden des Innenausschusses NRW, Anna Teresa Kavena, und Dr. Hans Christian Atzpodien nahmen Dr. med. Stefan Schüßler, Leiter des Zentrums für Notfallmedizin der Klinikum Vest GmbH, und Dennis Sarrazin, Auszubildender zum Pflegefachmann, an der Podiumsdiskussion teil. Die Experten machten deutlich, dass angesichts der dramatisch ansteigenden Gewalt gegen Klinik-Personal, Rettungskräften und Polizisten nun auf vielen Ebenen gehandelt werden müsse. Es wurde gefordert, den rechtlichen Schutz zu stärken – etwa durch die Verankerung von Gewalt als strafverschärfenden Umstand im Strafgesetzbuch. Ein weiteres wichtiges Thema war die Verbesserung der Sicherheitsvorkehrungen, insbesondere in Notaufnahmen und anderen hoch frequentierten Bereichen der Kliniken. Regelmäßige Sicherheitstrainings für das Personal wurden als notwendige Maßnahme genannt, um Beschäftigte auf kritische Situationen vorzubereiten und Konflikte zu entschärfen. Auch die psychologische Betreuung und die Nachsorge nach einem Angriff wurden als unerlässlich betont. Zudem unterstrichen die Teilnehmer, wie wichtig es sei, die Gesellschaft für das Thema zu sensibilisieren und durch Aufklärungskampagnen das Verständnis für Respekt und Wertschätzung gegenüber den Lebensrettern zu fördern.
Die Veranstaltung verdeutlichte eindrucksvoll, dass Gewaltprävention im Gesundheitswesen umfassende und langfristige Maßnahmen erfordert. Nur durch eine verstärkte Zusammenarbeit von Politik, Gesundheitswesen und Öffentlichkeit kann ein Umfeld geschaffen werden, in dem Ärzte, Pflegekräfte und Rettungspersonal sicher und ohne Angst vor Gewalt ihre wichtige Arbeit leisten können.