Wir können Gesundheit

Minimierung von Röntgenkontrastmitteln in der Ruhr

8. März 2018

v.l.: Dr. Jochen Türk – Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. (IUTA), D Dr. med. Kai Naßenstein – St. Marien-Hospital Mülheim, Dr. med. Claudia Mohr – Medizinisches Versorgungszentrum Mülheim | Praxis Bildgebende Diagnostik, Dr. Wolf Merkel – IWW Rheinisch Westfälisches Institut für Wasserforschung gGmbH, Bürgermeisterin Ursula Schröder – Stadt Mülheim an der Ruhr, Dr. Heinrich Bottermann – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW (MULNV), Dr. Franz-Josef Schulte – RWW Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft mbH, Foto: Michael Reifenrath

Die zuverlässige Versorgung mit sauberem Trinkwasser ist ein hohes Gut. Im Einzugsbereich der Ruhr in NRW muss die Trinkwasserversorgung für rund fünf Millionen Menschen sichergestellt werden. In einem so dicht besiedelten Raum birgt das besondere Herausforderungen. Eine dieser Herausforderungen sind Spurenstoffe wie Arzneimittel und Röntgenkontrastmittel (RKM).

RKM sind vom Menschen hergestellte Chemikalien. Sie sind gut verträglich, haben praktisch keine Nebenwirkungen und werden innerhalb von 24 Stunden beinahe komplett wieder ausgeschieden. Dadurch gelangen sie über den Urin ins Abwasser und damit in die Kläranlagen. Dort können sie allerdings nur zu einem geringen Anteil aus dem Wasser entfernt werden, da sie zu den stabilsten Arzneistoffen gehören und biologisch sehr schlecht abbaubar sind.
Der Großteil der RKM verbleibt also im Wasser und die Konzentrationen steigen im Verlauf der Ruhr von der Quelle bis zur Rhein-Mündung in Duisburg stetig an. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft haben RKM keine schädliche Wirkung auf Mensch oder Umwelt. Sie sind nicht giftig und reichern sich auch nicht im Körper an. Allerdings werden RKM durch Wasser gut transportiert. Somit sind sie ein Beispiel für menschengemachte Chemikalien, die im Wasser nahezu überall gefunden werden. Das gilt auch für das Trinkwasser und damit letztlich auch für andere Nahrungsmittel. Es ist davon auszugehen, dass sich RKM ohne konkrete Gegenmaßnahmen weiter in der Umwelt ausbreiten werden.

Deshalb wurde das Pilotprojekt MERK’MAL ins Leben gerufen. Unter Federführung des Mülheimer IWW Zentrum Wasser und mitinitiiert von der RWW Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft mbH hatte das Projekt zum Ziel, den Eintrag von RKM in die Ruhr zu reduzieren. Über einen Zeitraum von vier Monaten hinweg wurden in den vier großen Mülheimer Einrichtungen, die mit RKM arbeiten (St. Marien-Hospital, Evangelisches Krankenhaus, Radiologische Gemeinschaftspraxis und die Praxis Bildgebende Diagnostik im Medizinischen Versorgungszentrum), Urinbeutel an Patienten verteilt, denen RKM verabreicht wurden. Die Patienten sollten diese Beutel direkt nach der Untersuchung bei den ersten vier Toilettengängen verwenden. Die Beutel, in denen der Urin in ein geruchloses Gel umgewandelt wird, wurden anschließend im normalen Hausmüll entsorgt. Die Kontrastmittel gelangten so nicht mehr ins Abwasser. Das Projektteam arbeitete dabei stets in enger Abstimmung mit den Kliniken und Praxen daran, das Konzept weiter zu verfeinern und die Tauglichkeit für den Praxisalltag zu verbessern.

MERK‘MAL konnte Erfolge verzeichnen und plant den regionalen Roll-Out

Der Erfolg des Vorhabens wurde über verschiedene Ansätze ermittelt: Rückmeldebogen, Feedbackformular auf der Projektwebseite und stichprobenartige Telefoninterviews mit Patienten. Zum anderen wurden in Zusammenarbeit mit der Stadt Mülheim und dem Ruhrverband Wasserproben entnommen und durch das Institut für Energie- und Umwelttechnik IUTA auf RKM analysiert.

Die stichprobenartige Patientenbefragung ergab dabei, dass bis zu 87% der beteiligten Patienten die Urinbeutel tatsächlich verwendeten. Für einige RKM konnte im Abwassersystem ein Rückgang während der Projektdauer auch gemessen werden. Die RKM-Mengen, die durch ein solches Sammlungskonzept zurückgehalten werden können, sind beachtlich – allein in Mülheim jährlich mehrere hundert Kilogramm. Hochgerechnet auf das gesamte Einzugsgebiet der Ruhr wären dies mit dem getesteten Konzept rund 4 Tonnen RKM pro Jahr. Die Konzentration von RKM in der Ruhr könnte durch die flächendeckende Einführung des Sammlungskonzepts bei konsequenter Umsetzung im Ruhrgebiet ungefähr halbiert werden.

Ermutigt von den bisherigen Ergebnissen plant das Projektteam daher den regionalen Roll-Out, der die Rückhaltung von RKM im Kern-Einzugsgebiet der Ruhr zum Ziel hat. Finanziell gefördert wurde MERK’MAL durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).

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