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Europas Mikrotechnikbranche beobachtet Regierungsbildung

Gemischte Gefühle

IVAM Fachverband für Mikrotechnik am 8. März 2018

Vertreter der Mikrotechnikbranche in Europa beurteilen die Auswirkung der langen Regierungsbildung in Deutschland auf die Europäische Union zum Teil kritisch, zum Teil entspannt. Im Zuge seiner jährlichen Erhebung der Wirtschaftsdaten hat der IVAM Fachverband für Mikrotechnik die Branchenvertreter gefragt, ob die verzögerte Regierungsbildung ihrer Meinung nach der EU schade. 45 Prozent antworteten mit „ja“, 44 Prozent mit „nein“ und 11 Prozent sind unentschieden.

Mehr als fünf Monate hat es nach den Bundestagswahlen im September 2017 gedauert, bis sich die beiden stärksten Parteien Deutschlands auf eine Koalitionsregierung geeinigt haben – länger als jemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Gleichzeitig steht die Europäische Union vor der Herausforderung, Reformprozesse anzustoßen, unter anderem als Konsequenz aus dem Brexit-Votum in Großbritannien und aufgrund der rechtspopulistischen und nationalistischen Tendenzen in vielen EU-Mitgliedsstaaten.

In der internationalen Berichterstattung wurde eine handlungsfähige Regierung in Deutschland als essenziell für diese und weitere, wirtschafts- und finanzpolitische Reformen dargestellt und zum Teil der Eindruck vermittelt, dass die Europäische Kommission ohne stabile Regierung in Deutschland ebenfalls handlungsunfähig sei.

Es sind überwiegend Technologie-Experten aus Deutschland, die diese Auffassung teilen. Etwas über die Hälfte (50,7 Prozent) der befragten Branchenvertreter in Deutschland halten die verzögerte Regierungsbildung für schädlich für die EU. In anderen Ländern sind es im Durchschnitt nur knapp 30 Prozent.

Die Befragten aus Deutschland meinen aber auch, dass Deutschland sich selbst mehr geschadet habe als Europa: Deutschland habe durch die politischen Turbulenzen einen Imageschaden erlitten, an Glaubwürdigkeit verloren und seine Position innerhalb der EU geschwächt. Wichtige strategische Themen seien von anderen Nationen, namentlich Frankreich, besetzt worden. Zudem wurde die Befürchtung geäußert, dass eine handlungsunfähige deutsche Regierung nicht genug Einfluss auf das nächste EU-Forschungsrahmenprogramm nehmen könne, welches derzeit abgestimmt wird.

Andere Stimmen wiederum halten einen sorgfältigen und gut durchdachten Regierungsbildungsprozess für wichtiger als die Außenwirkung, auch um ein Zeichen für die Demokratie und gegen den zunehmenden Populismus zu setzen – zumal die geschäftsführende Regierung in der Zeit der Koalitionsgespräche nicht wirklich handlungsunfähig gewesen sei. Das eigentliche Problem der Europäischen Union sei auch nicht ein zeitweise führungsloses Deutschland, sondern das Fehlen einer Vision.

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