Studierende werden zu Trainern
Ergotherapie-Studierende der Hochschule für Gesundheit (hsg Bochum) werden im Rahmen eines Projekts zu Trainer*innen im Studium, um ihren Mitstudierenden dabei zu helfen, praxisorientierte Konzepte und Techniken zu lernen und zu vertiefen.
Als einige Studierende vor knapp zwei Jahren ein entsprechendes Interesse zeigten, initiierten Dr. Philipp Eschenbeck, Dr.in Renée Oltman und Dr. Dr. Christian Postert als Professor*innen des Studienbereichs Ergotherapie der hsg Bochum im Januar 2019 das Projekt ‚PEPE – Partizipative Entwicklung von Peer Learning in der Ergotherapie‘. In dem Projekt geht es darum, Peer Learning Angebote mit einem hohen Grad an Selbstbestimmung durch die Studierenden zu entwickeln.
Studierende setzen mit eigener Schwerpunktsetzung kollegiale Angebote für Mitstudierende um, in denen sie beispielsweise in einem Tutorium selbstgewählte Inhalte und praktische Übungen einer Lehrveranstaltung wiederholen und vertiefen oder sich über Erfahrungen aus Studium und Praxiseinsätzen austauschen.
Im Rahmen dieses Projekts soll an der hsg Bochum eine Peer Learning Kultur im Sinne einer kollegialen und selbstbestimmten Lernkultur unter Studierenden aufgebaut werden. Dieser Aufbau wird mit Hilfe einer partizipativen Methode, die also die Beteiligten in alle Forschungs- und Projektschritte aktiv einbindet, durchgeführt und beforscht.
Maja Kuchler, die selbst im Februar 2017 ihren Bachelorabschluss in der Ergotherapie an der hsg Bochum ablegte, arbeitet seit Dezember 2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studienbereich Ergotherapie, um entsprechende Aktivitäten der Studierenden zu initiieren, zu unterstützen und wissenschaftlich zu begleiten. Unterstützt wird das Projekt seit einem Jahr zusätzlich durch zwei studentische Aushilfen, die über Qualitätsverbesserungsmittel, die das Land Nordrhein-Westfalen zweckgebunden für die Verbesserung der Lehre und der Studienbedingungen zur Verfügung stellt, finanziert werden.
„Diese studentische Mitarbeit ist gerade für den partizipativen Kerngedanken des Projektes wichtig“, so Kuchler.
„Studierende werden in den letzten Jahren zu immer mehr Selbstständigkeit im Lernprozess angeregt. In vielen Studiengängen, unter anderem in der Medizin, sind hierzu kollegiale Lernformate schon flächendeckend verankert. Auch in unserem Nachbarstudiengang Physiotherapie haben sich seit 2011 Tutorien etabliert. Der Mehrwert von Peer Learning wurde in den letzten Jahren international vielfach wissenschaftlich untersucht und belegt. In der ergotherapeutischen Ausbildung finden sie jedoch bisher in Deutschland noch kaum Anwendung. Deshalb haben wir begonnen, dies wissenschaftlich begleitet und partizipativ, also mit den Ergotherapie-Studierenden, zu entwickeln“, erläuterte Maja Kuchler.
Beispiele für die von den Studierenden entwickelten und angebotenen Tutorien sind Erfahrungsaustausche über Examensprüfungen und Praktikumseinsätze, Übungen zur Nutzung von ergotherapeutischen Modellen oder dem Einüben von praktischen Techniken zur Schultermobilisation oder dem Transfer (beispielsweise Rollstuhl-Bett) von Personen. Auf die Umstände des Online-Semesters wegen der Corona-Pandemie haben die Studierenden reagiert, indem sie nun Erfahrungen über die Gestaltung von Online-Therapie austauschen oder mündliche Prüfungen via Zoom simulieren.
Ein wichtiger Baustein für das Projekt bildet eine Workshop-Reihe, die jeweils in den letzten zwei Semestern semesterübergreifend für interessierte Studierende als Angebot außerhalb des Lehrplans angeboten wurde. Den Bedarf für ein solches Schulungsangebot formulierten die beteiligten Studierenden bereits in der ersten Projektphase im Frühjahr 2019, woraufhin Maja Kuchler mit der Lehrbeauftragten Aileen Späth die Workshop-Reihe ‘Anleiten & Schulen‘ entwickelte. „Die Studierenden zeigten sich von Beginn an sehr engagiert und hatten viele Ideen für mögliche Inhalte, jedoch fehlte ihnen das Handwerkszeug und der Mut, diese in Lehrformate umzusetzen.“ Diese Lücke hat die Workshop-Reihe geschlossen, wie eine Evaluation belegte. Auch diese wurde partizipativ mit Studierenden geplant, durchgeführt und ausgewertet. Kuchler: „Die Finanzierung der zwei studentischen Aushilfen wurde gerade um ein Jahr verlängert, so dass die neue Projektphase im Herbst 2020 mit tatkräftiger Unterstützung von studentischer Seite aus starten kann.“
Ziel für diese zweite Projektphase ist die Festigung der geschaffenen Strukturen und Netzwerke. „In den letzten eineinhalb Jahren haben wir viele Erfahrungen sammeln können, was in unserem Hochschulalltag für die Studierenden funktioniert und was nicht. Nun wollen wir daraus ein alltagsfähiges Konzept entwickeln, das weiterhin offen bleibt für neue Ideen“, erklärte Kuchler.