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Chronische Nackenschmerzen nach Beschleunigungs­verletzung vermeiden und behandeln

Aktuelle Behandlungsleitlinie zum Beschleunigungs­trauma der Halswirbelsäule greift Mechanismen der Schmerzchronifizierung auf

Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil GmbH am 23. November 2020

Bild: Prof. Dr. Martin Tegenthoff

Ein Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule („Schleudertrauma“) ist eine sehr verbreitete Unfallverletzung. Sie entsteht insbesondere infolge eines Auffahrunfalls. Auch wenn die Betroffenen in den meisten Fällen nur leichte und mäßige Verletzungen erleiden, wird ein Teil der Patienten von anhaltenden chronischen Schmerzen geplagt. In der aktualisierten S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zum „Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule“ (AWMF-Registernummer 030/095) wird dieses Problem detailliert aufgegriffen. Für die Behandlungsleitlinie zeichnet ein interdisziplinäres Expertenteam unter Federführung von Prof. Dr. Martin Tegenthoff, Direktor der Neurologischen Klinik am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil, verantwortlich. Die Autoren haben in der Leitlinie den aktuellen Stand der Pathophysiologie, adäquater Untersuchungsverfahren und konkreter Therapieempfehlungen zu diesem Krankheitsbild dargestellt.

Mechanismen der Schmerzchronifizierung verstehen

„Wir erleben im klinischen Alltag immer wieder Patienten, die nach einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule über muskelkaterähnliche Nackenschmerzen und Nackensteife klagen, die sich verstetigen und chronifizieren“, so Prof. Tegenthoff. „Diese können den Heilungsverlauf, die Rehabilitation und die berufliche Wiedereingliederung der Betroffenen erheblich behindern und verzögern. Wir haben in der neuen Leitlinie daher ausführlich beschrieben, wie ein strukturiertes multidisziplinäres Therapiemodell aussehen sollte.“ Wichtig sei, die Mechanismen der Schmerzchronifizierung zu analysieren und neben der körperlichen Untersuchung auch mögliche psychische Faktoren frühzeitig in den Blick zu nehmen. Dazu zählten zum Beispiel ein traumatisches Erleben des Unfalls etwa im Sinne einer akuten Belastungsreaktion sowie insbesondere auch vom Unfall unabhängige psychische Störungen oder Belastungen in der Vorgeschichte des Betroffenen. Eine gründliche Diagnose sei daher wesentlich, um die geeigneten, leitliniengerechten Therapiemaßnahmen abzuleiten und diese schnell und konsequent umzusetzen.

„Therapiestandard nach einer Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule ist heute, den Patienten frühzeitig zu aktiveren und konservativ zu behandeln“, so Prof. Tegenthoff. „Droht ein chronischer Verlauf, sollte im therapeutischen Setting der Einsatz medikamentöser und physiotherapeutischer Behandlungsansätze sowie evidenzbasierter psychotherapeutischer Methoden zeitnah geprüft und gegebenenfalls leitliniengerecht umgesetzt werden.“

 

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