Vernetzt (be-)handeln, intersektoral vergüten: Positionspapier der DGTelemed
DGTelemed formuliert Bedarfe und Lösungsansätze für die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung
Die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin e. V. (DGTelemed) hat ein Positionspapier verfasst, das sich unter dem Motto „Vernetzt (be-) handeln, intersektoral vergüten“ mit Erwartungen und Lösungsansätzen für das Voranschreiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen an die neue Bundesregierung wendet. „Immer knapper werdende personelle und ökonomische Ressourcen sowie ein kontinuierlich steigender Versorgungsbedarf stellen zentrale Herausforderungen an ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem dar“, so die DGTelemed.
Doch wie kann es gelingen, den strukturellen Veränderungen in der Gesellschaft und den durch technische Entwicklungen gestiegenen Qualitätsanforderungen an die Gesundheitsversorgung gerecht zu werden? Wie können bestehende Hürden und Begrenzungen überwunden werden, um die Patientenversorgung nachhaltig und gerecht zu gestalten? Die Lösung liegt für die DGTelemed ganz klar im sektorübergreifenden Kooperieren von Systemen und Akteuren der Gesundheitsversorgung. „Wir brauchen ein neues Zielbild für eine moderne, digital unterstützte Versorgung mit interdisziplinärer Zusammenarbeit und digitalen Lösungen, die professionsübergreifend medizinische Behandlung unterstützen. Das hierfür notwendige Zusammenspiel muss klar organisiert, strukturiert und gesteuert werden, um Daten, Kompetenzen und Expertise orts- und zeitunabhängig verfügbar und nutzbar zu machen. Denn neben immer knapper werdenden ökonomischen und personellen Ressourcen hat sich während der Pandemie eines gezeigt: Wir benötigen Alternativen zur ausschließlichen Präsenzmedizin“, fasst Prof. Dr. Gernot Marx, FRCA, Vorstandsvorsitzender der DGTelemed, Direktor der Klinik für operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen und Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), die Intention der DGTelemed zusammen.
Für die Gestaltung einer zukunftsorientierten, interdisziplinären und wertebasierten Patientenversorgung bedarf es aus Sicht der DGTelemed:
- … eines kooperativen Miteinanders aller Professionen im Gesundheitswesen mit interdisziplinärem Handeln und gemeinsamen Qualitätsmaßstäben.
- … der Nutzung von Telemedizin und dem Aufbau regionaler Versorgungsnetzwerke mit digital gestütztem Netzwerkmanagement.
- … der Implementierung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien (Televisite, Telekonsile, Telemonitoring, Videosprechstunde, elektronische Fallakten etc.) über ein geeignetes Plattformmanagement.
- … der Entwicklung, Nutzung und Einbindung künstlicher Intelligenz für den medizinischen Versorgungsalltag.
- … digitalisierter Therapie und Diagnostik (Präzisionsmedizin, Assistenzsysteme, Robotik etc.).
- … sektorübergreifender Vergütungsstrukturen.
Digitalstrategie zur Schaffung zukunftsfähiger Versorgungsstrukturen
Um diese Punkte zu erfüllen, ist eine übergeordnete Digitalstrategie notwendig. Auch müssen interdisziplinäre Versorgungsstrukturen professionell entwickelt und schrittweise implementiert werden. „Die erforderlichen Veränderungen in den Versorgungsstrukturen – hin zu einem gemeinsamen Behandeln mit flächendeckend ortsnaher und qualitätsorientierter Versorgung – müssen konzeptionell entwickelt, erprobt und schrittweise in die Praxis überführt werden“, so die Verfasser des Positionspapiers. Der Einsatz von Telemedizin im Versorgungsalltag muss gestärkt werden. Hier sieht die DGTelemed den dringenden Bedarf, mithilfe von Telekonsilen oder Telemonitoring spitzenmedizinische Expertise ortsunabhängig mit im Versorgungsprozess einzubinden, um so eine optimale Patientenbehandlung zu erreichen. „Zukunftsfähige Versorgungsstrukturen müssen demnach in der Lage sein, interdisziplinäre Zusammenarbeit und digitale Lösungen abzubilden und die professionsübergreifende medizinische Behandlung zum Standard werden zu lassen“, so die DGTelemed.
Telemedizinnetzwerke als Grundstein der digitalen Versorgung
Einen weiteren bedeutsamen Grundstein für die digitale Gesundheitsversorgung der Zukunft bilden regionale, telemedizinische Versorgungsnetzwerke. Diese können das Zusammenspiel digitaler Kommunikation und die Verfügbarkeit von Informationen stark vereinfachen, die medizinische Expertise kann zeit- und ortsunabhängig zu den Patientinnen und Patienten gelangen. Die DGTelemed betont daher: „Telemedizinische Zentren als technische Plattform sollten fester Bestandteil solcher Netzwerkstrukturen sein und herstellerunabhängig mit interoperablen Systemen allen Leistungserbringern die Infrastruktur für vernetztes digital unterstütztes Behandeln ermöglichen (Teletherapie, Telemonitoring, Telekonsile).“
Um all diese dringenden Bedarfe in die Realität umzusetzen, braucht es einen einheitlichen Rechtsrahmen. Hier fordert die DGTelemed die konsequente und zeitnahe Anpassung und Weiterentwicklung der bestehenden rechtlichen Regelungen. Im Zuge dessen sollte auch der Innovationsfonds weg vom bisher „eher unverbindlichen Empfehlungscharakter“ hin zu einem Modell, das es erfolgreich entwickelten Versorgungsstrukturen ermöglicht, leichter als bisher nach Beschluss des Innovationsausschusses verbindlich strukturell und mit dauerhaften Vergütungslösungen ins System überführt zu werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin e. V. verfolgt als zentrales Ziel, telemedizinische Leistungen in die Regelversorgung zu integrieren. Sie versteht sich als medizinische Fachgesellschaft und beteiligt sich in Form von wissenschaftlichen Kongressen, Publikationen und Positionspapieren am öffentlichen Diskurs zur telemedizinischen Versorgung. Mit dem aktuellen Strategiepapier möchte die DGTelemed nicht nur Handlungsbedarfe aufzeigen sondern vor allem Lösungsansätze zur Diskussion stellen und als neutrale, medizinische Fachgesellschaft für interdisziplinäre wertebasierte Patientenversorgung praxisorientiert an der Gestaltung einer dringend erforderlichen Digitalisierungsstrategie beteiligen.