Starkes Zeichen für Kinderrechte
Ein starkes Zeichen für das Recht auf Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Missbrauch: In Anwesenheit von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eröffnete die Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln heute ihr Interdisziplinäres Kinderschutz-Haus.
„Hier bist du sicher – wir glauben dir – wir helfen dir“: Botschaften wie diese sind es, die das Interdisiziplinäre Kinderschutz-Haus an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln zu einem besonderen Ort machen. Rund 1.000 Kinder finden jährlich Hilfe beim Kinderschutz-Team der Klinik. Nun findet diese Hilfe in einer Umgebung statt, die den Bedürfnissen der überwiegend kleinen Patienten gerecht wird: Mit einer Architektur und Gestaltung, die Schutz und Wärme ausstrahlt, mit audio-visueller Dokumentationstechnik, um den Kindern Mehrfachaussagen zu ersparen, mit Gesprächs- und Therapieräumen für alle Beteiligten.
„Wir wissen aus Studien, dass die Umgebung und die Art der Untersuchung im Kinderschutz entscheidend dazu beitragen können, wie Kinder das Erlebte verarbeiten“, erläutert Oberärztin Tanja Brüning, Leiterin der Abteilung Kinderschutz, die Vision hinter dem neuen Gebäude. Wichtig seien dabei kurze Kommunikationswege und Strukturen, die eine gute Kooperation aller beteiligten Stellen ermöglichen, wie beispielsweise Klinik, Jugendämtern und Strafverfolgungsbehörden, so Brüning weiter: „Wenn Kinder ihre Geschichte immer und immer wieder an erzählen müssen, beginnen sie nicht nur am System, sondern auch an sich selbst zu zweifeln. Auch das Risiko einer Re-Traumatisierung steigt“, so Brüning: „Unser Wunsch war es, einen Raum zu schaffen, in dem die Bedürfnisse der Kinder im Mittelpunkt stehen und der die Zusammenarbeit der Erwachsenen fördert – und es ist ein großer Schritt, dass das nun gelungen ist!“
Rund 1,5 Millionen Euro aus Spendengeldern wurden eingeworben, um das Gebäude zu kaufen und für die Arbeit der Kinderschützer entsprechend aus- und umzubauen. „Wir als Gesellschaft tragen Verantwortung dafür, nicht wegzusehen, wenn Kinder Gewalt erfahren“, verdeutlicht Dr. Martin Meyer, Geschäftsführer der Vestischen Kinder- und Jugendklinik: „Mit dem neuen Kinderschutz-Haus setzen wir als Klinik ein Ausrufezeichen hinter diesen Auftrag – und zwar in einer Zeit, in der Krankenhäuser deutschlandweit unter finanziellem Druck stehen wie nie zuvor!“
Ein Ausrufezeichen für Kinderschutz setzte auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann: „Kinder brauchen den Schutz der Gesellschaft und des Staates, wenn sie Opfer von Straftaten werden oder ihnen diese drohen. Deshalb haben wir den Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen mit der Förderung des Kompetenzzentrums für Kinderschutz im Gesundheitswesen und der Kinderschutzambulanzen deutlich gestärkt. Es ist wichtig, dass wir im Gesundheitswesen die richtigen Strukturen haben, damit Kindern wirksam geholfen werden kann. Ich danke der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln für ihr großes Engagement in diesem Bereich, das durch die heutige Eröffnung des Kinderschutzhauses erneut verdeutlicht wird“. Mit der Gründung des „Kompetenzzentrums für Kinderschutz im Gesundheitswesen in NRW“ (KKG NRW) mit Standorten an der Rechtsmedizin der Universitätsklinik Köln und der Abteilung Kinderschutz der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln hatte Laumann bereits im Jahr 2019 Initiative ergriffen. Über Schulungen und Beratungsangebote für Ärztinnen und Ärzte will das KKG NRW mehr Aufmerksamkeit auf mögliche Kindswohlgefährdungen lenken und zugleich die Sicherheit im Umgang mit Verdachtsfällen erhöhen. Zudem fördert das Land ebenfalls seit 2019 Kinderschutzambulanzen, um entsprechende Angebote an Kliniken zu sichern.
Mit dem neuen Haus setzt die Vestische Kinder- und Jugendklinik einmal mehr Standards in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen. „Wenn die Gesellschaft sich verändert und daraus neue Fragen aufgeworfen werden, finden wir in Datteln eine Antwort darauf – das ist etwas, dass diese Klinik schon seit ihren Anfängen ausgezeichnet hat“, so Meyer: „Das neue Haus ist auch ein Signal nach außen: Kinderschutz ist unverzichtbar – und es ist an der Zeit, dass es für diesen Bereich auch finanziell und strukturell eine Bestandssicherheit gibt!“
Medizinischer Kinderschutz ist nach wie vor keine Regelleistung der Krankenkassen. Die Klinik ist auf Spenden angewiesen, um das Angebot finanzieren zu können.
Info: Kinderschutz an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln
Wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Kind durch Vernachlässigung, Misshandlung oder sexualisierte Gewalt gefährdet ist, muss dieser Verdacht möglichst schnell abgeklärt werden: Zum einen, um für das Kind so schnell wie möglich für Schutz zu sorgen, aber auch, weil bei äußerlich sichtbaren Verletzungen Zeit ein eine wichtige Rolle spielt, sowohl zur Bestätigung als auch zum Ausschluss einer Misshandlung.
Die Abteilung für Kinderschutz an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik ist seit 2011 Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche bei Verdacht auf Vernachlässigung, Misshandlung und sexualisierte Gewalt. Medizinerinnen, Psychologinnen und Therapeutinnen unterschiedlicher Fachrichtungen diagnostizieren, dokumentieren, beraten und vernetzen Akteure wie Jugendämter, Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfeeinrichtungen miteinander.
Rund 1.000 Kinder aus dem Kreis Recklinghausen und den umliegenden Regionen finden jedes Jahr in der Abteilung Schutz, Hilfe und Beratung. Ziel ist, für jedes Kind und seine Familie eine individuell passende Lösung zu finden, die die Bedürfnisse des Kindes in den Mittelpunkt stellt und ihm dauerhaft Schutz bietet.