150 Chirurgen kamen zum „30. Bochum Treff“
Chirurgische und konservative Verfahren im kritischen Diskurs
Über 150 Chirurgen kamen zum diesjährigen „Bochum Treff“ der Chirurgischen Klinik des Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikums Bergmannsheil. Der traditionsreiche Fachkongress fand in diesem Jahr bereits zum 30. Mal statt – erstmals in der „Alten Lohnhalle“ in Bochum. Unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas A. Schildhauer, Ärztlicher Direktor des Bergmannsheil und Direktor der Chirurgischen Klinik, diskutierten die Teilnehmer aktuelle Themen und Entwicklungen ihres Fachgebietes: Über 20 Vorträge widmeten sich unter anderem der konservativen Frakturbehandlung, Behandlungsverfahren bei Ellenbogen- und Knieverletzungen und Fragestellungen der Notfall- und Intensivmedizin. Ergänzt wurde das Programm um einen Instrumentationsworkshop, in dem operative Verfahren am Modell praktiziert werden konnten.
Schwerpunkt: Konservative Frakturtherapie
Viel Diskussionsstoff lieferte das diesjährige Schwerpunktthema des Fachkongresses: Im Mittelpunkt stand die Fragestellung, welchen Stellenwert die konservative Frakturtherapie heute noch einnimmt angesichts des stetigen Fortschritts der operativen Behandlungsverfahren. „Im chirurgischen Alltag erscheint die Operation in vielen Fällen gegenüber der konservativen Behandlung als die überlegene Therapieform, weil letztere oft mit aufwändigen Gipsbehandlungen und langwierigen Ruhigstellungen einhergeht“, erläutert Prof. Schildhauer. „Wir haben das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und sind zu dem Schluss gekommen, dass es in bestimmten Behandlungssituationen immer noch sehr gute Gründe gibt, dem Patienten eine konservative Behandlungsstrategie nahezulegen.“ Dabei sei es allerdings auch aus Gründen der juristischen Absicherung des Arztes wichtig, den Behandlungsverlauf sehr engmaschig zu kontrollieren und entsprechend zu dokumentieren.
Neue Behandlungsalgorithmen
Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Ellenbogenverletzungen. Hier wurden die optimalen Verfahren zur Behandlung der Radiusköpfchenfraktur erörtert. Im Bereich der Ellenbogenluxationen wurden neue Behandlungsalgorithmen thematisiert, nach denen man Luxationen (Verrenkungen) einteilt und die passende therapeutische Richtung definiert. Auch auf dem Feld der Kniechirurgie wurde über therapeutische Innovationen berichtet. „Bei der chirurgisch oft sehr anspruchsvollen Schienbeinkopffraktur gehen wir heutzutage in geeigneten Situationen dazu über, im Falle einer Fehlverheilung die Gelenkflächen erneut zu durchtrennen und neu zu rekonstruieren anstatt das Gelenk durch eine Prothese zu ersetzen“, sagt Prof. Dr. Dominik Seybold, Leitender Oberarzt der Chirurgischen Klinik und Organisator des „Bochum Treffs“.
MANV-Einsatz im Bergmannsheil
Auch in den Bereichen der Notfall- und Intensivmedizin setzte der diesjährige „Bochum Treff“ interessante Akzente. Hier ging es unter anderem um den Einsatz von transportablen Mini-Herz-Lungenmaschinen (sog. ECMO-Therapie) in der Versorgung von chirurgischen Patienten. Die Anwendung solcher ECMO-Systeme erlaubt es, Patienten mit Herz- und/oder Lungenversagen in einem stabilen Zustand im Spezialfahrzeug oder Hubschrauber transportieren zu können. Weiterhin wurde das Problem der Rückverlegung von Patienten von der Normalstation auf die Intensivstation diskutiert und erörtert, unter welchen Bedingungen sich die Rückverlegungsrate verringern lässt. Ein besonderes Highlight der Veranstaltung bot der Bericht zum MANV-Einsatz (MANV: Massenanfall von Verletzten) im Bergmannsheil im Zusammenhang mit dem Brand im Bettenhaus 1 vom 30. September 2016. Hier erhielten die Teilnehmer der Veranstaltung einen wertvollen Blick hinter die Kulissen, wie das Bergmannsheil diese außergewöhnliche Situation gemanagt hat. Seitens des Plenums gab es viel positive Resonanz zur erfolgreichen Einsatzstrategie. Eine zentrale Erkenntnis war, dass das Trainieren solcher Großschadensereignisse, wie es im Bergmannsheil praktiziert wird, im Ernstfall unerlässlich für ein professionelles Krisenmanagement ist.