Familien in der Pandemie: Psyche im Dauerstress
LWL-Universitätsklinikum Bochum und Ambulantes Jugendhilfezentrum Bochum-Mitte bieten Hilfen an
Bochum (lwl). Zum Welttag der Seelischen Gesundheit am 10. Oktober möchten die LWL-Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Ambulante Jugendhilfezentrum Bochum-Mitte (AJHZ) des St. Vinzenz e.V. an die Familien in der Pandemie erinnern. Seit mehr als eineinhalb Jahren werden sie in besonderer Weise gefordert und durch die Rahmenbedingungen von Corona stark belastet. Dies hat nicht nur Folgen für den Einzelnen, sondern für das gesamte Familiensystem. Essstörungen bei jungen Menschen, Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen und Suchterkrankungen geraten in den Familien-Fokus. Junge wie erwachsene Angehörige psychisch erkrankter Menschen kommen schnell an ihre Grenzen. Eine erste Anlaufstelle bietet die offene Sprechstunde in der Institutsambulanz der LWL-Universitätsklinik Bochum, die jeden Mittwochnachmittag zum kostenlosen Beratungsgespräch einlädt.
„Wir dürfen die Familien nicht aus dem Blick verlieren. Sie verdienen besondere Aufmerksamkeit, denn Kinder und Jugendliche haben in diesen Tagen erlebt, dass Vater oder Mutter nicht mehr so psychisch stabil sind. Und Eltern bemerken bei ihren Kindern plötzlich Auffälligkeiten im Verhalten“, so Prof. Georg Juckel, Ärztlicher Direktor des LWL-Universitätsklinikums Bochum. „Für ein Familiensystem bedeuten psychische Krisen und Erkrankungen eine große Belastung. Kinder psychisch kranker Eltern sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, selbst psychisch zu erkranken. Und um dann gut durch die Pandemie zu kommen, benötigen viele erwachsene und junge Menschen professionelle Unterstützung.“
Die Bochumer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung St. Vinzenz e.V. weiß um die Problematik und die Folgen der Pandemie für das Familiensystem. Seit vielen Jahren schon unterstützt er mit seinen pädagogischen Angeboten Kinder, Jugendliche und Familien in besonderen Lebenslagen. Hierzu zählt auch der Fachbereich AJHZ in Bochum-Mitte. „Die Angehörigensprechstunde in der LWL-Klinik ist ein wirksamer Baustein, um Eltern unbürokratisch in besonderen Ausnahmesituationen ein Beratungsangebot zu machen und ihnen und ihren Kindern zu helfen“, erklärt Diplom-Sozialpädagogin und -arbeiterin Christina Wenz, St. Vinzenz. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Mona Lechtenberg, Sozialpädagogin, betreut sie die wöchentliche Sprechstunde. „Wir haben im Kontakt mit den Eltern viel Dankbarkeit in Corona erlebt. Beispielsweise den Blick von der belasteten Situation auf die Ressourcen zu lenken, diese zu stärken und wieder zu aktivieren, ist für die Eltern im Umgang mit ihren Kindern sehr förderlich.“
Bislang mussten sie die Gespräche mit den Eltern pandemiebedingt telefonisch oder per Videokonferenz führen. In diesem Herbst wird die Angehörigensprechstunde in der Institutsambulanz an der Alexandrinenstraße aber wieder besetzt sein. „Es ist für Eltern, Kinder und Jugendliche wichtig, einen geschützten Rahmen zu haben, in dem sie ihre Probleme offen ansprechen können. Und zu sehen, dass es Hilfestellungen gibt, mit denen sich die schwierige Situation einer psychischen Erkrankung in der Familie bewältigen lässt. Das Beratungsangebot hier vor Ort ist eine erste Orientierung“, bekräftigt Prof. Georg Juckel.
Interessierte Eltern können jeden Mittwoch in der Zeit von 14 Uhr bis 15 Uhr in die Sprechstunde kommen. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Ansprechpartnerinnen für die Offene Sprechstunde im LWL-Universitätsklinikum Bochum sind Diplom-Sozialarbeiterin Maren Lenartz sowie die beiden AJHZ-Mitarbeiterinnen Sozialpädagogin Mona Lechtenberg und Diplom-Sozialpädagogin und -arbeiterin Christina Wenz.