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Was müssen gute Ärzt:innen heute können?

Forschung in der Medizindidaktik

Universität Witten/Herdecke am 7. Februar 2023

Prof. Dr. Gabriele Lutz ist auf die Professur für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Witten/Herdecke berufen worden.

Prof. Dr. Gabriele Lutz
Prof. Dr. Gabriele Lutz

Prof. Dr. Gabriele Lutz ist auf die Professur für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Witten/Herdecke (UW/H) berufen worden. Sie behandelt als leitende Ärztin am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke täglich Patient:innen. Als Forscherin ist die Ausbildung von Mediziner:innen ihr Thema: „Was müssen gute Ärzt:innen heute können? Das Studium ist immer noch davon geprägt, dass sie – wie häufig kritisiert wird – Telefonbücher auswendig lernen müssen. Also sich viel Sachwissen aneignen sollen, das aber längst auf jedem Handy an jedem Ort und zu jeder Zeit abrufbar ist. Was zählt also wirklich?“, fragt sie provokant in Richtung Approbationsordnung.

Statt reinem Wissen geht es um personale Kompetenzen

Wenn reines Wissen nicht mehr im Vordergrund steht, was sollte im Rahmen der Kompetenzentwicklung von jungen Ärzt:innen dann gefördert werden? Zunehmend wichtig werden personale Kompetenzen: Wie arbeite ich sinnvoll im Team? Wie gehe ich mit Emotionen und Konflikten um? Wie kann ich auf Patient:innen empathisch zugehen? Das sind die Fähigkeiten, die heute wichtig sind und zunehmend noch wichtiger werden. Das sagt nicht nur Prof. Lutz, das ist das Ergebnis einer amerikanischen Studie zu den sog. 21st century skills. (https://doi.org/10.1007/978-94-007-2324-5_2) Für die Medizin hat Prof. Lutz Elemente zur Förderung der personalen Kompetenz in den Lehrplan gebracht und die Umsetzung an der UW/H erforscht: „Wir haben ein Ausbildungsformat im Studium eingeführt, das die berufliche Persönlichkeitsentwicklung in den Blick nimmt: In kleinen Gruppen besprechen die Student:innen mit zwei Mentor:innen  Fragen, Themen, Zweifel, die ihnen in ihrem Studienalltag begegnen.“ So thematisieren sie zum Beispiel die möglichen Differenzen zwischen dem Anspruch an sich selbst und ihren Beruf gegenüber der täglich erlebten Realität oder den Umgang mit dem Sterben.

Reflexion in der Praxis

Ein zweiter Teil ihrer Forschung ist im letzten Studienabschnitt der Studierenden, im praktischen Jahr (PJ), angesiedelt. In einem klinischen Reflexionstrainings geht es um praxisorientierte Probleme aus dem klinischen Alltag, z. B. den Umgang mit möglichen Behandlungsfehlern, Konflikte mit Kolleg:innen und Patient:innen. „Bei diesem Training versetzen wir uns in der Gruppe zusätzlich zur inhaltlichen Klärung in die jeweiligen emotionalen und mentalen Perspektiven der Beteiligten, sodass ein differenzierteres Bild der Situation entsteht, aus dem kreative Ideen für das weitere Vorgehen abgeleitet werden können“, erklärt Prof. Lutz. „Wir haben die Hoffnung, dass die Studierenden das in ihr berufliches Leben mitnehmen, es an ihren späteren Stationen umsetzen und alle davon profitieren.“ Die meisten Universitäten, auch die UW/H, bieten in den ersten Semestern eines Medizinstudiums Kurse für die Kommunikation mit Patient:innen an. Viele Probleme und Fragestellungen entstehen jedoch erst in der Praxis und müssen immer wieder im Alltag reflektiert und mit professionellem Feedback begleitet werden, um die notwendige personale Kompetenz zu erwerben. „Da hat die UW/H nun als ein Ergebnis meiner Arbeit ein Angebot geschaffen.“

Erleben von Sinn zur Gesundheitsförderung

Ein drittes Feld ihrer Forschung eröffnet sie aktuell: Wie kann der Umgang mit Sinn im ärztlichen und (psycho)therapeutischen Kontext genutzt werden, um zu einer besseren Heilung beizutragen? „Sinn findet sich für die meisten Menschen in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen. Das kann z. B. Sport sein, Natur, Religion, Familie und/oder der Beruf. Es gibt umfangreiche Studien dazu, dass Menschen häufig gesünder sind und schneller gesund werden, wenn sie in einem oder mehreren dieser Felder für sich selbst Sinn erleben können.“ An diesem Ansatz möchte Prof. Lutz in Zukunft mit eigener Forschung anknüpfen und daraus neue Ansätze für die Psychotherapie, aber auch die ärztliche Versorgung entwickeln.

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