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60 Jahre Medizinische Fakultät

Fit, gesund & digital in Richtung Zukunft

Universität Duisburg-Essen am 27. Juni 2023

1963 wurde die Medizinische Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) gegründet. Um diesen 60. Geburtstag zu feiern, trafen sich rund 200 Gäste im Audimax der UDE, darunter viele Gäste aus Hochschule, Politik und Prominenz. Das abwechslungsreiche Programm wurde vor allem durch Demonstrationen aus verschiedenen Bereichen der Fakultät und Talkrunden mit Expert:innen zu Lehre, Forschung und Krankenversorgung geprägt. TV- und Radiojournalistin Sabine Heinrich moderierte den Abend.

Die Rektorin der UDE, Prof. Dr. Barbara Albert, hob in ihrer Begrüßung die Bedeutung der Medizinische Fakultät als integralen Bestandteil der UDE hervor und lobte das exzellente wissenschaftliche Profil. Die Fakultät trage prägend dazu bei, dass Essen als attraktiver Studienstandort wahrgenommen wird. Sie lobt außerdem die vorbildliche Förderung von Frauen und dankte dem Dekan, Prof. Dr. Jan Buer, für sein besonderes Engagement.

Das Ausbildungszentrum für Medizinstudierende, das sogenannte „Skills Lab“ zeigte anhand eines fingierten Sturzes von einer Trittleiter, wie Medizinstudierende der UDE mithilfe von Simulationspatient:innen für den Ernstfall üben können, bevor sie auf echte Patient:innen treffen. „Lieber 1x live dabei, als 1.000x gehört“, sagt Dr. Cynthia Szalai (Leiterin des Skills Lab). Im Simulationspatientenprogramm kommen deshalb professionelle Schauspieler:innen, unter anderem von der Folkwang Universität der Künste zum Einsatz, die den Studierenden glaubhaft eine bestimmte Erkrankung oder auch Unfallsituationen simulieren.

Prof. Ingo Just (Studiendekan der MHH Hannover), Prof. Ulrich Radtke (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Universitätsmedizin Essen) und Studentin Pia Tüller, die sich bereits in ihrem „Praktischen Jahr“, dem letzten Abschnitt des Medizinstudiums befindet, diskutierten gemeinsam die Stärken und Schwächen des Medizinstudiums. Sie sprachen darüber, welche Herausforderungen ein Medizinstudium heute mit sich bringt, zwischen technischen Innovationen und aus ökonomischen Gründen komprimierten Arbeitsabläufen. Das Tempo für alle Arten von Veränderungen sei hoch, betont Prof. Just, man müsse aber in Studienplänen den notwendigen Vorlauf und Übergangsphasen berücksichtigen. Pia Tüller berichtete, dass sie sich durch ihr Studium, in dem auch die ärztliche Kommunikation einen wichtigen Anteil ausgemacht habe, sehr gut auf ihr PJ vorbereitet fühle. Sie äußerte den Wunsch, dass vor allem das Bedside-Teaching, also das Lernen am Krankenbett, noch intensiver durch erfahrene Mediziner:innen betreut wird. Prof. Radtke wies auf die Bedeutung der Studierenden als besonders kostbares Gut hin. Ihre Ausbildung an der UDE werde auch durch die Stiftung Universitätsmedizin gefördert, indem beispielsweise das Skills Lab finanziell unterstützt wird, aber auch indem Stipendien und Preise an besonders engagierte Studierende vergeben werden.

Die Forscherinnen Giulia Baldini und Katarzyna Borys vom Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM) präsentierten zwei technologische Neuheiten: BOA, ein KI-Tool, das aus CT-Bildern eine einfache, schnelle und zuverlässige Berechnung der Volumen von Körperorganen möglich macht, und WhisperMed, eine App, die es erlaubt, medizinische Texte aus einer beliebigen Sprache zu übersetzen. Vor Ort wurde die App live mit dem Publikum getestet und konnte eingesprochene Texte in Urdu, Portugiesisch und Spanisch in Sekundenschnelle verschriftlichen und korrekt übersetzen.

Prof. Dr. Hannah Bast, Professorin für Algorithmen und Datenstruktur an der Universität Freiburg, und Prof. Dr. Jutta Richter, Professorin für digitale Rheumatologie an der Universität Düsseldorf, sprachen über „KI: Zwischen Revolution und Rohrkrepierern“. Professorin Bast berichtete von den ersten Hypes vor 5 bis 10 Jahren, die von nicht ausgereiften Künstlichen Intelligenzen ausgelöst wurden. Diese hätten nur Spezialprobleme einwandfrei lösen können. Das sei heute anders, wie die von den IKIM-Forscherinnen präsentierte App gezeigt habe. Für die Zukunft vermutet Prof. Bast, dass es ein intensiveres Miteinander zwischen Mensch und KI geben werde, weil Menschen immer natürlicher mit der KI interagieren werden. Prof. Richter erzählte, dass sie in ihrem Arbeitsalltag die KI gern bei Therapieentscheidungen zu Rate ziehe. Es gäbe derzeit noch Akzeptanzprobleme, für die sich aber durch eine eingehende Betrachtung der medizinisch-ethischen Aspekte und der entsprechenden Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit Abhilfe schaffen ließe. Wichtig sei auch, dass man technische Lösungen entwickele, die Fake News in der Wissenschaft leichter enttarnen können.

Prof. Dr. Matthias Gunzer vom Institut für Experimentelle Immunologie und Bildgebung (IMCES) veranschaulichte am Beispiel von Herzinfarkt und Schlaganfall, wie sich das ganze Immunsystem und insbesondere die sogenannten Peyer Patches im von Mensch und Maus verändern. Er führte eindrucksvolles Bildmaterial aus seiner eigenen Forschung vor, das am Essener IMCES durch den Einsatz moderner mikroskopischer Methoden ermöglicht wird.

In der Talkrunde „Gesundheit muss, Forschung kann?“ erklärte Dr. Johannes Albert Gehle, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, dass ohne Forschung kein Fortschritt erzielt werden könne und in der Folge auch keine neuen Wege zur Heilung von Volkskrankheiten entdeckt würden. Dieser volkswirtschaftlich relevante Punkt werde häufig in der Betrachtung von Forschungsförderung zu wenig berücksichtigt. Prof. Sebastian Suerbaum, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie an der LMU München betonte, man müsse in die Wissenschaft investieren: Es sei essenziell, dass die Forschungsinfrastruktur in Deutschland wettbewerbsfähig bleibe. Nicht immer seien die langfristigen Effekte einer neu entwickelten Methodik abschätzbar. Das zeige beispielsweise die Ende der 40er-Jahre vom Essener Forscher Prof. Dr. Gerhard Meyer-Schwickerath entwickelte Lichtkoagulation, welche die Grundlage gelegt habe für die heute häufig angewendete Lasertechnik für Augenbehandlungen. Forschung und Versorgung seien deshalb nicht voneinander zu trennen und müssten gemeinsam betrachtet werden. Matthias Heidmeier, Staatsekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW, sah die wichtigsten Punkte in der Digitalisierung und Prävention. Er stellte heraus, dass die Universitäten und Kliniken sich untereinander stärker vernetzen sollen, um Wissen schneller auszutauschen und die vorhanden Datenschätze gemeinsam zu heben.

Dekan Prof. Dr. Jan Buer, der das Amt bereits seit 11 Jahren bekleidet, erklärte, der Erfolg der Medizinischen Fakultät sei vor allem der Einbindung in eine tolle Universität zu verdanken und sagte: „Wir sind eine kleine, aber sehr dynamische Fakultät an der Seite eines großen und starken Universitätsklinikums und darauf können wir stolz sein.“

Das Programm wurde durch Medleys der Band „Joker Beats“ aufgelockert, die ein Best-of der Popmusik auf klassischen Instrumenten neu interpretierten.

In jeweils 60 Sekunden gratulierten Sportler:innen, Mediziner:innen und Prominente aus Essen und Umgebung der Fakultät. Dr. Frank Wissing, Generalsekretär des Medizinischen Fakultätentags freute sich darüber, wie fit und gesund die Fakultät mit ihren 60 Jahren sei und erinnerte an den Medizinischen Fakultätentag 2022, der erstmals nach der Pandemie wieder in Präsenz in Essen stattfand. Der 88-jährige Prof. Dr. Dr. Christian Streffer, ehemaliger Direktor des Instituts für Medizinische Strahlenbiologie, nutzte die Gelegenheit für einen kurzen Rückblick in die Anfangstage der Fakultät, die er miterlebt und mitgestaltet hat. Herzliche Glückwünsche und besonders herzlichen Dank für medizinische Spitzenleistung für Spitzensportler überbrachte Jonathan Rommelmann, Arzt und Silbermedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Tokyo 2020. Rommelmann vertritt den Olympia-Stützpunkt Essen, der eine enge Kooperation mit dem Universitätsklinikum Essen pflegt, um die medizinische Versorgung der Sportler:innen sicherzustellen.

Fußballtrainerlegende Otto Rehhagel lobte die 60-jährige Erfolgsstory der Fakultät und zog Parallelen zu seinem eigenen Werdegang – er begann 1963 seine Bundesligakarriere. Kim Sindermann, Torhüterin beim Fußballbundesligist SGS Essen, unterstrich, wie schön es sei, zu wissen, dass sie in Essen auch nach einer Verletzung in guten Händen ist und als Sportlerin eine starke Partnerin an der Seite zu haben. Glückwünsche und Dank für die gute Zusammenarbeit überbrachte auch Dirk Rehage, Vorsitzender des Team Talente Essen e. V., einem Zusammenschluss im Bereich der Leistungssport-Jugend der sieben Essener Ballsportvereine. Oberbürgermeister Thomas Kufen skizzierte 1963 als ein Jahr, in dem der Himmel über Essen durch die damalige Zeche und Schwerindustrie noch rußgeschwärzt seine ersten Studierenden in weißen Kitteln begrüßt hat. Kufen freut sich, dass 60 Jahre später in Essen Spitzenmedizin für alle zugänglich sei und die Essener Mediziner:innen sich täglich bemühen, die Welt ein Stück besser machen.

Angeregte Gespräche bis weit in den späten Abend beim anschließenden Buffet zeigten, dass der Festakt bei den Gästen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat.

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