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„Wir lehren und forschen am Herz der KI“

KI an der FOM: Prof. Dr. Rüdiger Buchkremer im Interview

FOM Hochschule am 4. Oktober 2023

Prof. Dr. Rüdiger Buchkremer ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für IT-Management & Digitalisierung (ifid) der FOM und treibt die Forschung an der Hochschule rund um Künstliche Intelligenz (KI) voran. Im Interview erklärt der Professor für Wirtschaftsinformatik und Experte für KI und Big Data, warum die FOM zu den weltweit führenden Hochschulen in der KI-Forschung zählt. Er gibt Einblicke in Forschungsergebnisse und erläutert, wie Studierende an der FOM mit KI arbeiten und selbst an der Technologie forschen. Prof. Buchkremer, wie ist die FOM Hochschule in der KI-Forschung aufgestellt?

Prof. Dr. Rüdiger Buchkremer, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für IT-Management & Digitalisierung (ifid) der FOM Hochschule. (Foto: Tim Stender/FOM)
Prof. Dr. Rüdiger Buchkremer, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für IT-Management & Digitalisierung (ifid) der FOM Hochschule. (Foto: Tim Stender/FOM)

Prof. Buchkremer: Als Hochschule stehen wir im weltweiten Vergleich sehr gut da, was die wissenschaftlichen Publikationen im KI-Bereich betrifft. An der Spitze stehen wir beispielsweise bei der Forschung zu Sprachmodellen wie ChatGPT. Aktuell haben wir mehr als 70 Forscherinnen und Forscher am ifid, die neben KI auch zu Digitaler Transformation und IT-Management publizieren – und das in zum Teil hochkarätigen Fachzeitschriften und Journals. Die Forschungsideen kommen meist direkt aus der FOM Hochschule, beispielsweise von Studierenden, unseren Research Fellows und unseren Promovenden, deren Doktorarbeiten die Grundlage bilden.

Wie intensiv befassen sich Studierende mit Künstlicher Intelligenz während ihres FOM Studiums?

Buchkremer: Bei uns haben Studierende die Möglichkeit, alle Basistechnologien von KI kennenzulernen – und das in einer Feinheit, die es an keiner anderen Hochschule gibt. Sie bekommen dafür eine perfekte Werkbank, also sämtliche Tools, die sie nutzen können. Im Hochschulbereich „IT Management“ ist KI in jedem Studiengang fest verankert, am intensivsten im Master „Big Data & Business Analytics“. Hier arbeiten wir am Herz der KI, setzen uns unter anderem mit den Feinheiten, den Algorithmen und der Funktionsweise von ChatGPT auseinander und entwickeln eigene Sprachmodelle. Aber auch in vielen anderen, vor allem Digitalisierungs-Studiengängen an der FOM wird KI gelehrt. Insgesamt bereiten wir unsere Studierenden auf eine Arbeitswelt mit KI vor.

Können Sie uns einige Beispiele nennen?

Buchkremer: Unsere Studierenden können beispielsweise ihre eigenen Daten untersuchen. Sie bringen eine Fragestellung oder ein Problem aus ihrer beruflichen Situation mit und suchen mithilfe von KI nach Lösungen. Das ist eine Win-Win-Win-Situation – für die Studierenden, deren Arbeitgeber und uns als Hochschule. Ein anderes Beispiel ist, dass ich meinen Studierenden anbiete, dass sie mit KI ihre eigene Krankheit, die eines Freundes oder Verwandten systemmedizinisch untersuchen können. Daraus sind bereits mehrere Master-Arbeiten entstanden.

Die Anwendungsmöglichkeiten von KI sind also vielfältig und damit auch die Forschung. Der Schwerpunkt des ifid im KI-Bereich liegt auf Lese- und Schreib-Algorithmen – was haben Sie und andere Forschende der FOM Hochschule in diesem Bereich bereits publiziert?

Buchkremer: Wir haben zum Beispiel eine eigene Technik entwickelt, um automatisch Review-Artikel zu beliebigen Themen zu erzeugen. Diese Übersichtsartikel sind in der Wissenschaft sehr populär und werden normalerweise von erfahrenen Forschenden auf dem Gebiet geschrieben. Wir lassen unsere Artikel mit Unterstützung von KI erstellen und zeigen dabei, dass unsere KI-Reviews in der Regel mehr relevante Botschaften transportieren als die der Expertin oder des Experten mit Jahrzehnten an Forschungserfahrung. Unsere Texte sind reichhaltiger, da unsere KI tausende Artikel lesen kann, während der Forschende für sein Review vielleicht 30 bis 40 Texte liest. Wir haben aber auch Publikationen in anderen Bereichen – etwa zu KI im Marketing oder in der Medizin. Kürzlich haben wir ein Paper in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht, in dem wir zeigen, dass wir in Zukunft KI in Kombination mit einem Quantencomputer bei Krankheiten einsetzen können, um diese damit deutlich schneller und effizienter zu identifizieren und behandeln zu können.

Das klingt interessant, wie genau läuft das ab?

Buchkremer: Wir demonstrieren in dem Paper, dass wir mit einem Quantencomputer nach Veränderungen in genetischen Informationen suchen können. Sie müssen sich das so vorstellen: Genetische Informationen sind wie Codes, die aus Tausenden bis zu Milliarden von Buchstaben bestehen. Manchmal gibt es Unterschiede oder Fehler in diesen Codes. Es ist wichtig, diese zu entdecken, um Krankheiten besser zu verstehen und zu behandeln. Bislang hat dieser Prozess enorm viel Rechenleistung erfordert. Mit unserer Methode können wir in Zukunft feine genetische Abweichungen viel schneller und genauer erkennen – als würde man zwei große Puzzle vergleichen und nach einem fehlenden Stück suchen. Prinzipiell könnte das auf alle Bereiche der Wissenschaft ausgedehnt werden, denn Informationen werden weitgehend mit Buchstaben und Codes erzeugt. Das verspricht bedeutende Fortschritte in allen Bereichen unseres Lebens.

Werden durch Forschung, die die Möglichkeiten von KI aufzeigt, dann nicht in gewissem Maße auch Arbeitsplätze gefährdet?

Buchkremer: KI ersetzt normalerweise nicht Arbeit, die Menschen machen, sondern sie unterstützt sie bei Routinetätigkeiten. Ich vergleiche Künstliche Intelligenz eher mit einem Werkzeug, das uns ähnlich wie ein Taschenrechner dabei hilft, Aufgaben zu bewältigen, die für uns Menschen anspruchsvoll, aber von großer Bedeutung sind. Das zeigt auch unsere Forschung: Wir untersuchen gemeinsam mit der Charité systemische Krankheiten, also solche, die den gesamten Körper oder mehrere Organsysteme betreffen. Diese Erkrankungen haben oft eine komplexe Ursache und Auswirkung. Da entstehen so viele Informationen, die ein Mensch gar nicht mehr verarbeiten kann, Künstliche Intelligenz aber schon. Wir ersetzen hier niemanden, sondern kreieren etwas Neues, etwas Positives.

 

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