Wir können Gesundheit

Lebensluft zeigt Erfolge und wird weiter ausgebaut

Fast 60 Prozent der Patienten können wieder eigenständig atmen

AOK in NRW am 29. August 2019

Das Modellprojekt „Lebensluft“ des Helios Klinikums Krefeld und der AOK Rheinland/Hamburg gibt langzeitbeatmeten Patienten die Perspektive auf ein Leben ohne Beatmungsgerät zurück: Fast 60 Prozent der Patienten können nach der verlängerten stationären Therapie wieder eigenständig atmen. Der Erfolg dieser speziellen Entwöhnungstherapie zeigt, wie sich die bundesweit bestehende Versorgungsproblematik entscheidend verbessern lässt.

Durch den Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erfährt das Thema Beatmungsentwöhnung zurzeit bundesweit Aufmerksamkeit. Bis zu 30.000* Menschen werden in Deutschland künstlich beatmet – und die Zahl der Betroffenen, die nur schwer vom Beatmungsgerät zu entwöhnen sind, wächst. Um diesen Patienten eine Chance auf ein von der künstlichen Beatmung unabhängiges Leben zu geben, haben das Helios Klinikum Krefeld und die AOK Rheinland/Hamburg im Jahr 2016 das in dieser Form im deutschen Gesundheitswesen einzigartige Modellprojekt ‚Lebensluft‘ gestartet.

‚Lebensluft‘ ermöglicht eine stationär verlängerte und intensive Therapie über den regulären Krankenhausaufenthalt hinaus. Und die Ergebnisse zeigen, dass es in mehrfacher Hinsicht lohnt, sich für eine hochwertige Versorgung einzusetzen und dabei neue, innovative Wege zu beschreiten, um Patienten zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Durch die Therapie im Krankenhaus konnte mehr als der Hälfte der Patienten das eigenständige Atmen wieder ermöglicht werden. Ohne ‚Lebensluft‘ wären diese Menschen wahrscheinlich ihr Leben lang auf eine künstliche Beatmung angewiesen gewesen.

„Der Weg dorthin ist vergleichbar mit einem Konditionstraining im Leistungssport. Im Durchschnitt benötigen wir acht bis zehn Wochen und erreichen für 55 bis 60 Prozent unserer Patienten eine vollständige Entwöhnung vom Beatmungsgerät“, fasst Chefarzt Dr. Manuel Streuter die Ergebnisse zusammen. „Die Beatmungstherapie ist heute zentraler Bestandteil der modernen Intensivmedizin und besondere therapeutische Herausforderung zugleich. Förderungswürdiges Ziel muss es sein, bei allen Patienten, besonders aber bei den langzeit-invasiv-beatmeten Patienten, eine endgültige Entwöhnung von der Beatmungsmaschine zu erreichen. Dazu braucht es gezielte Entwöhnungsstrategien, die frühzeitig greifen.“

Der Erfolg des Modellprojekts ‚Lebensluft‘ am Helios Klinikum Krefeld zeigt das Potenzial dieser speziellen Entwöhnungstherapie, die eine bundesweit bestehende Versorgungsproblematik entscheidend verbessern kann. „53 Patienten der AOK Rheinland/Hamburg konnten bisher mit ‚Lebensluft‘ von der künstlichen Beatmung entwöhnt werden – bei einer bundesweiten Umsetzung könnten viel mehr Menschen von diesem Ansatz profitieren. Wieder eigenständig atmen zu können, hat einen gravierenden Einfluss auf das Wohlbefinden und die Lebensperspektive. ‚Lebensluft‘ sollte allen Patienten zur Verfügung stehen und nicht an Bundesländergrenzen enden“, fordert Matthias Mohrmann, Mitglied des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg. „Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, dieses erfolgreiche Modell auf andere hochqualifizierte Einrichtungen auszuweiten.“

Von Beginn an steht dieses Modellprojekt auch Patienten anderer Krankenkassen offen. Bis Ende Juli 2019 wurden auf der Station Lebensluft insgesamt 145 Patienten behandelt, 87 Patienten konnten selbständig atmend ohne Geräteunterstützung nach Hause entlassen werden (Stand Juli 2019). „Der medizinische Erfolg dieses Projektes zeigt sich auch in der steigenden Nachfrage, der wir durch eine Erweiterung besser gerecht werden möchten. Heute bietet Lebensluft Platz für zehn Patienten. Für die Inbetriebnahme weiterer zehn Therapieplätze suchen wir aktuell Verstärkung durch Pflegekräfte und Atmungstherapeuten, die aus Überzeugung und mit Leidenschaft in dieses großartige Team wechseln wollen“, erklärt Klinikgeschäftsführer Alexander Holubars.

Die Patienten werden im Helios Klinikum Krefeld von einem hochqualifizierten und interprofessionellen Betreuungsteam versorgt: Neben der pflegerischen Rund-um-die-Uhr-Betreuung bildet die Therapie den zentralen Schwerpunkt dieses Versorgungskonzepts. Therapeutisch aktivierende Pflege, Atmungstherapie, Physiotherapie, Ergotherapie und logopädische Therapie begleiten die Patienten durch den Tag. Im Vordergrund stehen dabei die Mobilisation, die Stärkung der gesamten Muskulatur, die psychische Stabilisierung und die Wiedereingliederung in einen geregelten Alltag. Während ihres Aufenthaltes und auch nach der Entlassung werden die Patienten und ihre Bezugspersonen zudem vom Krankenhaussozialdienst begleitet. „Wir erleben oft Patienten, die nach längerer Betreuung in ambulanten Versorgungsstrukturen zu uns kommen und über Monate hinweg nicht gesprochen haben. Oft fließen Tränen, wenn sie zum ersten Mal wieder ihre Stimme hören und sprechen können“, berichtet Anne Jasmin Mayer, die die Station Lebensluft pflegerisch leitet.

*Quelle: Daten nach Köhler D.,DMW, 2019

Gesundheitsmetropole Ruhr Versorgungsmanagement Lunge & Atemwege

© 2024 MedEcon Ruhr - Netzwerk der Gesundheitswirtschaft an der Ruhr

Wir können Gesundheit
MedEcon Ruhr