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Studie „Inside Heilberuf“

Wunsch nach weniger Bürokratie und mehr Zeit für den Patienten

Deutsche Apotheker- und Ärztebank am 9. Januar 2020

Über 20 Gesetze verändern aktuell den Gesundheitsmarkt – wie ist es aber dabei um die Bedürfnisse und die Stimmung bei Ärzten, Zahnärzten und Apothekern bestellt? Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) hat in ihrer jüngsten Studie „Inside Heilberuf“ bereits zum zweiten Mal die Heilberufler nach ihren Werten, Zielen und Wünschen gefragt.

Familienleben mit Abstand wichtiger als berufliche Karriere

Die Priorität bestätigt sich: Für 93 Prozent der Befragten gehören Familie und Partnerschaft zu den wichtigsten Bereichen im Leben. Finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge bleiben eine wichtige Basis und haben mit 87 Prozent im Vergleich zur letzten Erhebung (2016: 85 Prozent) leicht an Bedeutung dazu gewonnen. Insgesamt bleiben Kriterien wie Vermögensbildung (59 Prozent), Eigentum (58 Prozent) oder berufliche Karriere (46 Prozent) nachrangig.

Nachhaltiger Lebensstil gewinnt an Bedeutung

Mit 65 Prozent nimmt das Thema nachhaltiger Lebensstil und Umweltschutz in der aktuellen Umfrage an Relevanz zu (2016: 60 Prozent). Besonders hoch fallen hier die Werte (74 Prozent) bei den Apothekern aus. Menschen heilen und helfen ist nach wie vor mit 83 Prozent eins der wichtigsten Anliegen der Heilberufler und rangiert auf der Werteskala sogar noch vor den Kriterien wie eigene Gesundheit (79 Prozent) und Freizeit (77 Prozent).

Ein Drittel der Selbständigen plant den Ruhestand

Nach den Vorhaben für die nächsten drei Jahre gefragt, nennt ein Drittel der niedergelassenen Heilberufler die Vorbereitung auf den Ruhestand. Für jeden vierten bedeutet das, sich um die Abgabe der eigenen Praxis oder Apotheke zu kümmern. Für die Angestellten hingegen steht in den nächsten Jahren vorwiegend Kindererziehung auf der Agenda. 26 Prozent planen einen Stellenwechsel oder einen Karrieresprung – dabei denkt fast jeder fünfte Angestellte an die Selbständigkeit.

Kindererziehung wird für Männer relevanter

Im Geschlechtervergleich zeigen sich bei den Themen rund um Familie und Kinder gegenüber der ersten Befragungswelle einige Verschiebungen: Nur noch für 18 Prozent der Frauen steht Familiengründung in den kommenden drei Jahren an (2016 waren es 27 Prozent). Auch Kindererziehung wird mit 27 Prozent von den befragten Frauen seltener genannt (2016: 31 Prozent). Bei Männern dagegen ist der Anteil derer, die sich in der nahen Zukunft ihren Kindern widmen wollen, von 16 Prozent auf 20 Prozent gestiegen.

Ruf nach mehr Freiraum und Flexibilität und weniger Administration

Mit 90 Prozent bleibt der Wunsch nach weniger Dokumentation, Verwaltungsarbeit und staatlicher Regulierung vorherrschend. Dem gegenüber steht das große Bedürfnis nach mehr Zeit für den Patienten (66 Prozent). Höheres Einkommen steht ebenfalls oben auf der Rangliste: Mit 81 Prozent wird dieser Wunsch deutlich häufiger von angestellten als von selbständigen (70 Prozent) Heilberuflern genannt. Außerdem gehören mehr Freiheit und Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung (63 Prozent) sowie mehr Unabhängigkeit bei beruflichen Entscheidungen (61 Prozent) zu den wichtigsten Anliegen.

Hoher Bedarf an Fortbildungen bei Angestellten

Die Befragung zeigt auch, dass unter den Heilberufen das Bedürfnis nach mehr Fortbildung herrscht. In der Gesamtbewertung gehört der Wusch zu den Top-Five, doch ein Blick auf den beruflichen Status offenbart deutliche Unterschiede: Angestellte Heilberufler signalisieren mit 64 Prozent einen viel höheren Bedarf als Selbständige mit 29 Prozent. Auch im Geschlechtervergleich ist der Wunsch nach mehr Fortbildung unterschiedlich ausgeprägt: Bei Frauen hätten 58 Prozent gerne mehr davon, bei Männern sind es lediglich 37 Prozent.

Digitalisierung spaltet die Gemüter

An den Themen digitales Datenmanagement und innovative Gesundheitsleistungen scheiden sich die Geister. Ein Vergleich zwischen Ärzten, Zahnärzten und Apothekern zeigt, dass die Einstellung zu digitalen Anwendungen über alle Heilberufsgruppen hinweg ambivalent ist: Ob mehr oder weniger innovative digitale Leistungen bzw. digitales Datenmanagement benötigt werden – darüber gehen die Meinungen auseinander.

Insgesamt gehört aber das Thema Digitalisierung für jeden vierten Heilberufler zu den vordringlichen Herausforderungen im Gesundheitswesen. Vor allem Studenten sehen darin eine große Baustelle. Ein Blick auf die einzelnen Berufsgruppen verrät, dass insbesondere Apotheker (27 Prozent) und Fachärzte (26 Prozent) hier viel Nachholbedarf sehen. Doch für nur 14 Prozent der befragten Zahnärzte ist das Thema akut.

Zufriedenheit sinkt

Die Zufriedenheitswerte mit dem beruflichen Umfeld haben gegenüber 2016 um sieben Prozentpunkte abgenommen, wenngleich die Mehrheit (55 Prozent) weiterhin zufrieden ist. Bei den studierenden Heilberuflern ist die Differenz allerdings besonders groß: Während 2016 noch 71 Prozent mit ihren beruflichen Aussichten zufrieden waren, sind es 2019 nur noch 56 Prozent. Richtig pessimistisch beurteilen die Situation jedoch nur 12 Prozent der Studenten, ein Drittel blickt neutral in die Zukunft der Heilberufer.

Entsprechend sind auch die Raten der Weiterempfehlung des Berufs an junge Menschen gesunken. Die niedrigste weisen die Zahnärzte auf (41 Prozent), aber auch Ärzte schauen weniger optimistisch in die Zukunft. Apotheker schätzen dagegen die Aussichten für ihre Profession deutlich besser ein (45 Prozent) als noch vor drei Jahren (2016: 37 Prozent).

Ulrich Sommer, Vorsitzender des Vorstands der apoBank: „Diese sinkende Zufriedenheit und das Zögern bei der Weiterempfehlung des Heilberufs deuten auf eine gewisse Verunsicherung hin, wie sich der Gesundheitsmarkt künftig entwickeln wird. Angesichts der anstehenden Veränderungen, die durch die Fülle an Gesetzen, den ökonomischen Druck und die Digitalisierung im Gesundheitswesen getrieben werden, ist das nicht verwunderlich. Und gerade deshalb ist es besonders wichtig, dass wir uns genauer anschauen, wie die zentralen Leistungsträger des deutschen Gesundheitssystems leben und arbeiten wollen. Laut unserer Studie ist es vor allem eine Arbeitsumgebung, die Familie und Privatleben als oberste Priorität respektiert, die mehr Zeit für den Patienten und weniger für die Bürokratie vorsieht, und eine flexible und freie Arbeitszeitgestaltung zulässt. Darauf sollten wir Rücksicht nehmen, denn um hohe Qualität der Gesundheitsleistungen für alle zu sichern, brauchen wir engagierte und qualifizierte Menschen, die gerne als Ärzte, Zahnärzte oder Apotheker arbeiten. Mit unserer Umfrage identifizieren und priorisieren wir die Werte, Wünsche und Ziele der Heilberufler. Die Ergebnisse liefern wertvolle Impulse für uns und all diejenigen, die neue Lösungen für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung unterstützen und mitgestalten wollen.“

Die ausführlichen Ergebnisse der Studie zum Download finden Sie im Anhang und hier.

Die Ergebnisse der ersten Befragung können Sie hier nachlesen.

Methodik

Für die Studie wurden im Auftrag der apoBank 500 Heilberufler, darunter Apotheker, Ärzte, Zahnärzte sowie Medizin-, Zahnmedizin bzw. Pharmaziestudenten durch das Institut DocCheck Research befragt. Die Stichprobe setzt sich zu gleichen Anteilen aus angestellten und selbständigen Berufstätigen zusammen. Rund ein Viertel der Angestellten arbeitet im Krankenhaus.

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