Auf der Suche nach dem HIV-Impfstoff
Zellen im Blut entdeckt
Die Suche nach einem wirksamen Impfstoff gegen das Immunschwächevirus HIV ist möglicherweise einen entscheidenden Schritt voran gekommen: Im Blut konnten Forscher an der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) am Universitätsklinikum (UK) Essen erstmals eine kleine Population körpereigener Zellen auffindbar machen, sogenannte „T-follikuläre Helferzellen“ (Tfh-Zellen).
Diese kommen normalerweise nur in den Lymphknoten vor, erkennen spezifisch HI-Viren und können entsprechende Botenstoffe aussenden. Die Zellen sind maßgeblich daran beteiligt, protektive Antiköperantworten auszulösen und so einen Schutz vor dem Virus aufbauen. Mit ihrer Hilfe könnte eine frühere Prognose möglich werden, wie wirksam im Test befindliche Impfstoffe sind. Die neuen Erkenntnisse wurden jetzt im Fachmagazin Immunity vorgestellt.
Weltweit leben weit über 30 Millionen Menschen mit dem HI-Virus, mehr als 1,2 Millionen sterben jedes Jahr an den Folgen der Erkrankung. Alleine im letzten Jahr gab es weltweit rund zwei Millionen neue HIV-Infizierte, erstmals über 140.000 in Europa, mehr als die Hälfte davon in Deutschland. Umso wichtiger ist die Suche nach einem Impfstoff, der als die beste Lösung angesehen wird, um die Pandemie einzudämmen.
„Es ist erstaunlich, dass wir seit Jahren Impfstoffe entwickelt haben, ohne viel darüber zu wissen, welche Immunantwort wir bewirken müssen, um einen wirksamen Schutz aufzubauen“, so Prof. Dr. Hendrik Streeck, Direktor des Instituts für HIV-Forschung der Medizinischen Fakultät der UDE am UK Essen. Die Forscher haben sich in diesem Zusammenhang die neu im Blut gefundenen Tfh-Zellen genauer angeschaut. Die Zellen interagieren mit den B-Zellen, die ihrerseits eine wichtige Rolle im Immunsystem übernehmen. Entscheidend in diesem Prozess sind die Signale, die die Tfh-Zellen aussenden. „Wenn wir diese Signale besser verstehen und vielleicht sogar steuern können, kann man danach gezielt Impfstoffe entwickeln.“
„Bei den Tfh-Zellen im Blut von HIV-Patienten fanden wir heraus, dass ihr Einfluss auf die B-Zellen – und damit auf die Antikörperantwort – je nach Struktur, die sie vom HI-Virus erkennen, unterschiedlich ist“, erläutert Prof. Dr. Hendrik Streeck. „Diese Erkenntnis kann uns in der Zukunft helfen, die optimale HIV-spezifische T-follikuläre Immunantwort zu finden, die den besten Antikörperschutz hervorbringt.“ Im nächsten Schritt untersuchten die Wissenschaftler vier verschiedene bereits erprobte HIV-Impfstoffe. Während drei der Impfkonzepte nicht erfolgreich waren, zeigte der vierte einen mäßigen Impfschutz: Einer von drei Geimpften war durch den Impfstoff vor der HIV-Infektion geschützt. In der Analyse zeigte sich, dass dieser Impfstoff am besten die HIV-spezifischen T-follikulären Helferzellen erzeugt.
Über die Analyse der T-follikulären Helferzellen erhofft sich das Forscherteam nun eine Zeit und Ressourcen sparende Vorhersage darüber, wie effektiv ein Impfstoff einmal jenseits der Entwicklungsphase sein wird. Er arbeitet seit Jahren zusammen mit internationalen Partnern an der Entwicklung eines möglichen Impfstoffes. Dank der Unterstützung durch die Else Kröner-Fresenius-Stiftung für medizinische Spitzenforscher aus dem Ausland und der German Scholars Organization konnte er 2015 aus den USA an die Medizinische Fakultät der UDE berufen werden.
Weitere Informationen: www.cell.com/immunity/abstract/S1074-7613(15)00537-3