Notruf aus der Klinik: „Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Gefahr“
Vestische Caritas-Kliniken GmbH warnt vor Versorgungsengpässen und fordert vom Bund einen Inflationsausgleich
Angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Lage fordern die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen die Bundesregierung dazu auf, umgehend einen Inflationsausgleich einzuführen. Bundesweit schreiben in diesem Jahr 60 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen, ein Fünftel rechnet sogar damit, keine Kredite mehr zu erhalten. Im kommenden Jahr droht die Lage noch weiter zu eskalieren mit dann bis zu 80 Prozent Kliniken in der Verlustzone. Das hat jüngst eine RWI-Studie zur wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser ergeben. Die Lage ist überall sehr angespannt.
„Wir benötigen jetzt so schnell wie möglich einen Inflationsausgleich und das Wiederanlaufen der Corona-Hilfen. Die Krankenhäuser dürfen mit den gestiegenen Kosten nicht mehr allein gelassen werden. Die meisten Häuser sind gezwungen, mehr auszugeben als sie einnehmen. Das Letzte, was wir jetzt vor dem Corona-Herbst und -Winter benötigen, sind weitere wirtschaftlich bedingte Abteilungs- und Krankenhausschließungen. Wenn Karl Lauterbach als verantwortlicher Bundesminister nicht handelt, übernimmt er durch seine Untätigkeit die Verantwortung für Wartelisten, überfüllte Notaufnahmen und am Ende Krankenhausschließungen auch in unserem Bundesland“, sagt Wolfgang Mueller, Geschäftsführer Vestische Caritas-Kliniken GmbH.
Krankenhäusern macht die Teuerung besonders zu schaffen, da sie die Mehrkosten nicht weitergeben können, wie es ansonsten in der Wirtschaft üblich ist. Der Hintergrund: Die Vergütungen der Krankenkassen, die den Betrieb der Krankenhäuser finanzieren, sind vom Gesetzgeber so streng limitiert, dass sie für die Krankenhäuser keine Möglichkeit bieten die tatsächlichen Preissteigerungen voll zu refinanzieren. Der für 2022 gültige Wert von 2,32 Prozent Preissteigerung wurde vor dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24.02.2022 festgelegt. Gegenüber aktuellen Preissteigerungen für Energie im dreistelligen Prozentbereich und bei anderen Sachkosten im zweistelligen Prozentbereich stellt diese Festlegung absolut keine Hilfe dar. Deshalb unterstützen die Krankenhäuser in NRW die Forderung nach einem umgehenden Inflationsausgleich durch die Bundesregierung.
Ohne ein schnelles Handeln des Bundesgesundheitsministers bleibt den Kliniken nur die Möglichkeit, die sich auftürmenden Verluste durch Personalabbau und damit weniger Leistung für die Patientinnen und Patienten der Region zu begrenzen. Denn damit gehen dann in der Regel auch Bettensperrungen und schlimmstenfalls sogar Schließungen von Abteilungen oder gar Standorten einher. Die Lücken in der Versorgung werden im Herbst und im kommenden Jahr für die Menschen auch hier bei uns im Kreis Recklinghausen spürbar werden.
Auch mit Blick auf die aktuelle und für Herbst prognostizierte Coronalage sind die Aussichten düster. „Ende Juni sind alle Corona-Hilfen des Bundes für die Krankenhäuser ausgelaufen. Es gibt derzeit keinen einzigen Euro um den Mehraufwand für Hygiene, Isolierung und Behandlung zu refinanzieren. Der Bundesminister talkt in allen Medien über die verheerenden Auswirkungen von Corona und lässt gleichzeitig die Krankenhäuser im Regen stehen. Auch hier wird er seiner Verantwortung für eine stabile Gesundheitsversorgung nicht gerecht“, kritisiert Mueller. Mehr als zwei Jahre Pandemie haben die Krankenhäuser bereits wirtschaftlich und personell extrem herausgefordert. Im Herbst und Winter steht eine noch nicht absehbare weitere Infektionswelle bevor, die die Krankenhäuser wieder verstärkt fordern wird. Zu all diesen Herausforderungen kommt nun noch die Inflation hinzu, verschärft durch noch einmal besonders stark gestiegene Energiepreise, die die sehr energieintensiven Krankenhäuser besonders treffen.
„Die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser gehen personell und finanziell vollkommen ausgepowert in den Corona-Herbst“, mahnt vor diesem Hintergrund der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Ingo Morell. „Die Sommer-Welle hat den seit Pandemiebeginn erzwungenen Ausnahmebetrieb in den Kliniken zementiert. Empfindliche Personalausfälle mitten in der Urlaubszeit haben dazu geführt, dass immer wieder Stationen geschlossen werden mussten. Solche Versorgungsengpässe könnten zum Dauerzustand werden, wenn die Krankenhäuser auf den jetzt in allen Bereichen explodierenden Kosten sitzen bleiben und dann Personal abbauen müssen.“
Zum Hintergrund: Ein durchschnittliches Krankenhausbett braucht pro Jahr so viel Energie wie zwei Familienhaushalte. Für die Vestische Caritas-Kliniken GmbH stellt sich die aktuelle Preissituation schwierig dar. Lagen die Energieaufwendungen im Jahr 2021 bei ca. 2,0 Mio. Euro, so liegen jetzt Angebote mit einem Volumen von ca. 6,4 Mio. Euro vor, erklärt Wolfgang Mueller. „Diese Differenz können wir nicht aus eigener Kraft stemmen.“, so Mueller.