Weil Säulen im ambulanten System wegbrechen…
MFA am Limit und ZFA im Nebel - weiterer Protest der MFA und ZFA am 8. Februar in Berlin
Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. (vmf) setzt seine Protestaktionen am Brandenburger Tor am 8. Februar 2023 fort.
„Die Situation in den Arzt- und Zahnarztpraxen ist sehr ernst. Wichtige Säulen des ambulanten Gesundheitswesens brechen weg, weil immer mehr Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte fehlen“, beschreibt Präsidentin Hannelore König die Lage und fragt: „Will die Politik erst so lange warten, bis der Zustand bedrohlich ist – wie derzeit in den Kinder- und Jugendarztpraxen? Nicht nur der Fiebersaft ist Mangelware, auch die Fachkräfte – und zwar im Großteil der niedergelassenen ärztlichen und zahnärztlichen Praxen. Was vielen nicht klar ist: Unser Gesundheitswesen wird vom ambulanten Sektor getragen. So behandeln die Krankenhäuser pro Jahr rund 20 Millionen Patientenfälle. In den niedergelassenen Arzt- und Facharztpraxen sind es rund 600 Millionen, von denen zwei Drittel als Akutfälle eingeschätzt werden, so das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung.“
Hannelore König erinnert daran, dass MFA und ZFA bei dieser Betreuung einen entscheidenden Beitrag leisten. Sie koordinieren nicht nur die Terminplanung, geben telefonische Auskünfte und organisieren das Praxismanagement, sie assistieren auch bei Diagnostik und Therapie und übernehmen selbst ärztliche bzw. zahnärztliche Leistungen im Rahmen der Delegation. Sie sind darüber hinaus eine wichtige Säule in der Prävention und Prophylaxe.
„Ihnen steckt die Coronapandemie mit allen Nachwirkungen noch in den Knochen. Hinzu kommen Probleme mit der Digitalisierung und nun wieder neue Unsicherheiten mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: So wurde im ärztlichen Bereich die Neupatientenregelung zwar nicht abgeschafft, aber so verändert, dass die Medizinischen Fachangestellten zusätzlich belastet werden. Denn sie führen die Diskussionen, wenn keine Termine frei sind und Versicherte aufgrund von Überlastung abgewiesen werden müssen – kurz: Das Limit ist für MFA bereits überschritten. Und die ZFA stehen nach wie vor im Nebel: Neben dem Aerosol- und Tarifnebel ist es unklar, wie sich die geplanten Beschränkungen bei der Honorarentwicklung in Kombination mit der wieder eingeführten Budgetierung, insbesondere in der Parodontitistherapie, auswirken. Auf jeden Fall verursachen sie Mehraufwand beim Erklären der geänderten Rahmenbedingungen bei den Zahnmedizinischen Fachangestellten und zahnmedizinischen Fachkräften – wie ZMP und DH“, so die vmf-Präsidentin weiter.
Der Fachkräftemangel bei den Medizinischen Fachangestellten ist bereits deutlich: So werden Sprechstunden reduziert und weniger ärztliche Leistungen angeboten. Arztpraxen schließen, weil sie keine Assistenzkräfte mehr haben. So passiert im Sommer 2023 in München, wo 300 Krebsvorsorgetermine abgesagt werden mussten.
Für die verbleibenden MFA bedeutet dies eine deutliche Mehrbelastung, die nicht mehr kompensiert werden kann. Dies trifft – wie in der Pandemie besonders – die Praxisteams in der hausärztlichen Versorgung und in der Kinder- und Jugendheilkunde. In allen Fachrichtungen verlassen immer mehr MFA ihren Beruf aufgrund dieser hohen Stressbelastung, der besseren Gehaltsaussichten und der fehlenden Wertschätzung durch die Verantwortlichen in der Politik. Beschäftigten sich vor fünf Jahren noch ca. 22 Prozent der MFA mindestens einige Male im Monat mit dem Gedanken, den Beruf zu verlassen, so waren es in einer vmf-Online-Umfrage 2022 rund 46 Prozent.
Ähnlich dramatisch sehen auch die Ausstiegsgedanken bei ZFA aus ihrem Beruf aus: Seit 2019 denkt jede dritte ZFA mindestens einige Male im Monat darüber nach. Der Arbeitsmarkt ist auch hier faktisch leer und freie Stellen können nicht nachbesetzt werden. Die Auswirkungen auf die zahnärztliche Versorgung und die Mundgesundheit werden von den Verantwortlichen in der Politik auch hier nicht gesehen.
Die Leistungen der MFA und ZFA wurden von der Politik mehrfach beim Corona-Sonderbonus ignoriert. Jetzt belasten die steigenden Energiekosten und die hohe Inflationsrate von mehr als 10 Prozent jede MFA und ZFA direkt. Denn mit mittleren Bruttoentgelten zwischen 2.269 und 2.655 Euro in Vollzeit, so der Entgeltatlas der Agentur für Arbeit, sind MFA und ZFA durch die Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln besonders betroffen, ein selbstständiges Leben ist kaum möglich.
„Wenn es um die Steigerung der Gehälter von MFA und ZFA geht, glaubt die Politik, sich mit dem Verweis auf die Tarifautonomie herausreden zu können“, erklärt Hannelore König weiter. „Das ist mehr als unfair. Denn im Gegensatz zu anderen Einrichtungen im Gesundheitswesen ist es in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung für uns als Tarifpartner nur eingeschränkt möglich, Gehaltssteigerungen wirksam durchzusetzen. Tariferhöhungen von Pflegekräften in Kliniken und Pflegeeinrichtungen werden automatisch durch den Staat refinanziert. Im Bereich der niedergelassenen Ärzte- und Zahnärzteschaft gibt es diesen Mechanismus nicht. Hier fließen die ausgehandelten Gehaltssteigerungen erst mit erheblicher Verzögerung nur zum Teil – und dann unbestimmt über Punktwerte – in die Honorare der Arbeitgeberseite. Wenn die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag halten und auch Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte als Gesundheitsberufe stärken will, dann muss es hier schnell eine Änderung geben. Dafür gehen wir wieder auf die Straße.“
Die Aktion in Berlin findet am 8. Februar 2022 von 13:30 bis 16:00 auf der Freifläche vor dem Brandenburger Tor am Pariser Platz statt.