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Therapie: Experten beklagen Lücke im Gesundheitssystem

AMBULANTICUM GmbH am 28. Februar 2019

Bundestagsabgeordnete und Grünen-Sprecherin für Gesundheitspolitik Maria Klein-Schmeink (vorne) besucht das Ambulanticum in Herdecke, um sich einen Eindruck über die Arbeit der Therapieeinrichtung zu verschaffen. Mit auf dem Bild sind (von links): Marion Schrimpf, Friedhelm Jakobs, Karola Werner, Peter Meisterjahn, Helena Deev, Prof. Dr. phil. Kerstin Bilda und Rabea Meier(vorne).
Foto: Kerstin Wördehoff

Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink besuchte mit Experten das Ambulanticum. Dieses ist Vorreiter in interdisziplinären Therapieformen.
Maria Klein-Schmeink, Sprecherin für Gesundheitspolitik von Bündnis 90/Die Grünen, bringt es bei ihrem Besuch im Ambulanticum gestern Nachmittag ein wenig zähneknirschend auf den Punkt: „Unser Gesundheitssystem ist gut in der Akutbehandlung, aber in der Therapie hat es noch große Lücken.“ Dabei sei es für Patienten nach einem Unfall oder neurologischen Erkrankungen die Therapie, die der entscheidende Faktor für die zukünftige Lebensqualität sei. Diese müsse interdisziplinär erfolgen, betont Dr. phil. Kerstin Bilda, Vizepräsidentin Forschung von der Hochschule für Gesundheit, um dem Patienten die beste Versorgung und Lebensperspektive zu ermöglichen. Ein Weg, den das Ambulanticum seit Jahren abseits der Leitlinien der Bundesregierung verfolgt.

Steigende Fallzahlen

Um über den Ist-Zustand zu diskutieren und eine Vision zu entwickeln, die in europäischen Nachbarländern wie den Niederlanden längst gelebte Praxis ist, fanden sich Vertreter aus Forschung, Rehabilitation und Gesundheitskassen beim Besuch der Bundestagsabgeordneten im Ambulanticum ein. Der Austausch gestaltete sich sehr lebhaft. „Die neurologischen Fallzahlen steigen ganz definitiv, wir können dies nicht ignorieren“, warnt Prof. Dr. phil. Kerstin Bilda und sprach von einer Ernüchterung, die sich angesichts der derzeitigen Situation in der Bundesrepublik unter Fachkräften breitmache. Marion Schrimpf, geschäftsführende Gesellschafterin des Ambulanticums, kommt aus ihrer Erfahrung heraus gesprochen zu einem vernichtenden Urteil: „Die Therapie hat in unserem Gesundheitssystem keinen Stellenwert, das ist fatal.“

Wie es funktionieren kann, zeigte das Ambulanticum bei einem ausführlichen Rundgang durch das Haus. Hier arbeiten Therapeuten interdisziplinär aus verschiedenen Bereichen Hand in Hand zusammen, um Patienten mit neurologischen Erkrankungen eine bestmögliche Versorgung zu bieten.
„Therapie braucht Zeit“, insistiert Friedhelm Jakobs, Teamleiter Reha Assist West. Anfangs müsse in die Therapie größtmöglich investiert werden, um nachhaltige Erfolge zu erzielen. Das Problem: Viele Krankenkassen spielen hier nicht mit. „Dabei kostet dies nicht mehr, sondern die Gesundheitskassen sparen sogar Geld“, bezieht er auch den Nutzen des wirtschaftlichen Faktors mit ein. Denn eine früh und bestmöglich angelegte Therapie habe eine weitaus bessere Rehabilitation zur Folge.

Versorgungslücken

Die Realität in Deutschland spreche eine andere Sprache: Die Experten berichten von „Versorgungslücken, die uns zwingen, auf ambulante Bereiche zurückzugreifen“, beschreibt Helena Deev von der Unfallkasse NRW, die Notwendigkeit einer wohnortnahen Versorgung, dem Menschenleben, das in den Vordergrund gehöre, nicht dem Wirtschaftsfaktor, wie es hier praktiziert werde. „Ich stimme mit Ihnen überein, es besteht Handlungsbedarf“, betont Klein-Schmeink. „Es geht nicht nur um Geld, das wir sinnvoller einsetzen könnten. Es geht um Menschenleben.“

Rahmenvertrag mit der Techniker Krankenkasse

Das interdisziplinäre Konzept des Ambulanticums für ambulante neurologische Intensivtherapie ist, so Marion Schrimpf, einmalig in Deutschland.
Finanziell möglich ist dies durch einen mit der Techniker Krankenkasse geschlossenen Rahmenvertrag.
„Wir haben zum Glück früh festgestellt, dass wir es allein mit den politischen Rahmenbedingungen nicht geschafft hätten“, so Schrimpf.

(c) Kerstin Wördehoff

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